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Keine zehn Minuten stand Adolf Hitler in Madam Tussaud's neuem Berliner Wachsfigurenkabinett, da wurde ihm schon der Kopf abgeschlagen. Ein 41-jähriger Altenpfleger aus Kreuzberg hat, "Nie wieder Krieg!" rufend, diese Heldentat vollbracht. "Endlich hat ein Hitler-Attentat geklappt", kommentierte Henryk M. Broder sarkastisch. Hitler hat sich zwölf Jahre an der Macht gehalten, aber heute hat er keine Chance mehr - zumindest nicht als Wachsfigur. In Österreich wissen wir ja schon seit dem Opernball 2000, dass der Führer bei uns nicht mehr reüssieren kann: Hubsi Kramar, als Hitler verkleidet, wurde sofort verhaftet. Die Demokratie funktioniert!

Hitler gehöre zur deutschen Geschichte wie Konrad Adenauer oder Willy Brandt, argumentierte man bei Madame Tussaud's und stellte Hitler aus. Weil man aber genau wusste, dass es so einfach nicht ist, setzte man ihn hinter einen großen Schreibtisch und riegelte ihn ab, auf dass sich nur ja niemand mit ihm fotografieren lassen könne. Und um auf Nummer sicher zu gehen, stellte man zwei lebendige "Leibwächter" in seine Nähe. Die konnten zwar ein Foto verhindern, nicht aber das Attentat auf die Wachsfigur.

Der Attentäter hat zugegeben, seine Aktion sei das Ergebnis einer Wette gewesen. Hat er sich nur einen billigen Gag erlaubt? Oder ist er ein Überzeugungstäter, der Hitler nicht in Berlin, noch dazu der Nähe des Jüdischen Museums sehen will? Und: Sakralisiert man Hitler, wenn man sein Bild und seine Schriften verbietet? Ist es nicht Zeit, ihm ins Gesicht zu schauen?

Fragen, die zu komplex sind für eine Kolumne. Aufgeworfen von einer Institution, der es bestimmt nicht um die Aufarbeitung der Geschichte geht. Eine Wachsfigur vermittelt ja auch nicht mehr als Hitlers Physiognomie - und schafft eine Aura um seine Person. Gegen Geschäftemacher, die das in Kauf nehmen, ist mir der clowneske Attentäter sehr sympathisch.

cornelius.hell@furche.at

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