Höchstgericht macht Medienpolitik

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Die österreichische Spezialität der mangelnden Gewaltenteilung lässt vor allem Legislative und Exekutive unkenntlich geraten, verwechselbar erscheinen und faktisch sogar die Rollen tauschen. Diese Krankheit der Austrokratie lähmt das Pingpong zwischen Gesetzgebung und -vollzug, erhält aber immer dann einen besonderen Fieberschub, wenn die Gerichtsbarkeit beide zur Handlung treibt.

Aktuell sorgt die Judikatur für eine Entzündung der Medienpolitik. Wenn laut Verwaltungsgerichtshof für (den Radio-und Fernsehkonsum via) Computer mit Internet-Anschluss keine Rundfunkgebühr fällig ist, wirkt das vorerst nur als Erreger des ORF. Bei genauerer Untersuchung werden dadurch aber die Metastasen des hartnäckigsten politischen Krebsgeschwürs sichtbar: Nichtstun und Aussitzen.

Die Finanzierung des ORF befindet sich seit 15 Jahren in Schieflage. Statt damals 1:1 zwischen Werbe-und Gebühreneinnahmen steht es heute 1:3. Während in Deutschland eine Haushaltsabgabe das herkömmliche Rundfunkentgelt ersetzt und die Schweiz dies nachvollzieht, lässt Österreichs Medienministerium Arbeitskreise diskutieren. Eine reguläre Steuer ist dort noch kein Thema.

Letztlich scheitern alle Ansätze daran, dass längst Medien-statt Rundfunkabgabe fällig wäre. Dazu benötigt es die ebenso zeitgemäße Neudefinition des Öffentlich-Rechtlichen. Im Sinne von Public Value, wie der ORF heute seine Mission nennt, verliert er aber seinen Alleinvertretungsanspruch. Denn dieser Auftrag reicht über die technischen Verbreitungskanäle Fernsehen und Radio hinaus. Neben ORF On erfüllen ihn auch allfällige Qualitätszeitungen. Das jedoch heißt: Rundfunkgebühr und Presseförderung gehören in einen gemeinsamen Topf. Angesichts des Missverhältnisses von bisher 600 Millionen für den ORF und neun Millionen für die Zeitungen ist klar, wer eine solche Reform nicht will.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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