Hölderlin und das falsche Leben

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„Es gibt eben Bücher, die das Leben verändern“, nennt Peter Ruzicka den Anstoß für seine Beschäftigung mit der Person Friedrich Hölderlins. Zum zweiten Mal nach Paul Celan stellt er einen Dichter in den Mittelpunkt einer Oper. „Hölderlin“ wird am 16. November an der Berliner „Lindenoper“ uraufgeführt, Reprisen sind am 21., 25. und 29. November, 2. Dezember, 26. Juni, 1. und 4. Juli 2009.

Von 2001 bis 2006 war der gebürtige Düsseldorfer Peter Ruzicka Intendant der Salzburger Festspiele. Sein wichtigstes Projekt war die Gesamtaufführung der Mozart-Opern im Festspielsommer 2006. Eine gewaltige Leistung, die die anderen Verdienste seiner Salzburger Zeit, wie die Retrospektive auf die Exilkomponisten Zemlinsky, Korngold, Schreker und Wellesz oder die Uraufführung von Hans Werner Henzes „L’Upupa“, fast ins Hintertreffen geraten lässt. Ebenso im Gedächtnis bleiben Verdis „La traviata“ in der Inszenierung Willy Deckers mit der Entdeckung des neuen Operntraumpaares Rolando Villazón und Anna Netrebko sowie Martin KuÇsejs szenische Umsetzung von Mozarts „Don Giovanni“ unter Nikolaus Harnoncourt. Der Tod des Dirigenten Giuseppe Sinopoli verhinderte die Realisierung eines auf mehrere Sommer verteilten Zyklus’ mit Richard-Strauss-Opern.

„Visionen des Übergreifenden“

Ein wichtiger Regisseur, Peter Mussbach, lange Jahre Intendant der „Lindenoper“, begleitet Ruzickas Weg als Opernkomponist. Nach „Celan“ hat er auch für „Hölderlin“ das Libretto verfasst. „Die ewige Sehnsucht des Menschen nach Einheit mit sich und der Natur, also mit sich und der Welt, dieses allseits bekannte Gefühl und die Tatsache, einsam zu sein auf der Welt, aber angesichts des Todes erst lebensfähig zu sein, um im nächsten Augenblick bereit dazu zu sein, in die Ewigkeit eingehen zu können, ohne Verlust“ – so beschreibt er das Sujet des Stücks. Für den Komponisten ein „Musiktheater, das das falsche Leben spiegelt und sich an Hölderlin’schen Visionen des Übergreifenden misst“.

Realisiert wird diese „Expedition“, wie Ruzicka das Werk mit den Akttiteln „Die entflohenen Götter“ und „Zurück – Im freien Fall“ nennt, von jeweils 13 Sängern und Schauspielern in der Regie von Torsten Fischer. Dirigieren wird der Komponist – auch dieses Handwerk beherrscht der heuer sechzig Jahre alt gewordene Peter Ruzicka. Seine musikalische Ausbildung erhielt er am Hamburger Konservatorium, wo er Klavier, Oboe und Komposition studierte. Später war er Kompositionsschüler von Hans Werner Henze und Hans Otte. In München, Hamburg und Berlin studierte er Rechtswissenschaften und promovierte 1977 mit einem Urheberrechtsthema.

Ruzicka war Intendant des RSO Berlin (1979–1987) und der Hamburgischen Staatsoper und Philharmoniker (1988–1997), leitet seit 1996 die Münchener Biennale, wirkt seit 1999 als Präsident der Bayerischen Theaterakademie, lehrt seit 1990 als Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Freien Akademie der Künste Hamburg. Er dirigiert zahlreiche Orchester – diese Saison unter anderem auch in China –, lässt bei all dieser Vielfalt seiner Tätigkeit aber nie Zweifel aufkommen, worin er seine spezifische Berufung sieht: in der Komposition von Werken, die sich durch große Klarheit und emotionale Dichte gleichermaßen auszeichnen.

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