Hollywoods übergangener Meister

Werbung
Werbung
Werbung

Im Vorfeld war sein Howard-Hughes-Epos "Aviator" als Favorit gehandelt worden. Doch nach der diesjährigen Oscar-Nacht am vergangenen Sonntag ging an der Filmlegende Martin Scorsese die Regietrophäe - zum fünften Mal! - vorbei. Dabei habe der in den 30er und 40er Jahren schwelgende "Aviator" sogar Hollywoods Top-Designer inspiriert, hieß es aus dem Filmmekka: glitzernder Retro-Look war bei den diesjährigen Oscarnacht-Roben der Stars angesagt.

Doch wie im Jahr 2003, als Scorsese mit "Gangs of New York", einer Sozialgeschichte seiner Stadt, Roman Polanski als bestem Regisseur und "Chicago" als bestem Film unterlegen war, sahnten auch heuer andere die Oscars ab - allen voran Clint Eastwood mit seinem Boxer-Drama "Million Dollar Baby".

Schon im Vorfeld der diesjährigen Verleihung hatte Scorsese verlauten lassen, jetzt käme ein Oscar für ihn ohnehin "etwas zu spät". Seit "Taxi Driver", Scorseses erstem großen Kinoerfolg 1976 mit Jodie Foster und Robert De Niro, wartet Scorsese auf Hollywoods Anerkennung: "Taxi Driver' erhielt mehrere Oscars. Vom Regisseur war nicht die Rede. Das hat mich sehr enttäuscht", so Scorsese über seine mittlerweile auf fünf Nominierungen angeschwollene "Leider-doch-kein-Oscar"-Liste.

Martin Scorsese wurde 1942 in New York als Sohn sizilianischer Einwanderer geboren und wuchs in Little Italy auf. Nach abgebrochenem Priesterstudium ging er zum Film. In den 70er Jahren stieg er mit seinen Bildideen und einer neuen Kameraführung zu einem Begründer des "New Hollywood"-Kinos auf. Das Box-Drama "Wie ein wilder Stier" brachte ihm 1980 die erste Oscar-Nominierung ein, die zweite folgte 1989 für die von konservativen Katholiken wild bekämpfte "Letzte Versuchung Christi". Zwei Jahre später kam das Mafiaepos "Goodfellas" - auch hier blieb es bei einer Nominierung. 1997 erhielt Scorsese für sein Lebenswerk den Preis des American Film Institutes.

Das gute alte Europa hingegen würdigte den Regisseur schon früh - etwa mit zwei Goldenen Palmen in Cannes: 1976 für "Taxi Driver" und 1986 für "After Hours", einen weiteren seiner Filme über New York. Vor wenigen Wochen hat Scorsese die Ehrenpräsidentschaft des Österreichischen Filmmuseums übernommen - gut möglich, dass er demnächst in Wien Station macht.

Zur Zeit arbeitet der Regie-Berserker (Spitzname "Raging Bull" nach dem Originaltitel von "Wie ein wilder Stier") an einem Film über Bob Dylan und schreibt mit Robert De Niro, mit dem er seit "Taxi Driver" eng zusammenarbeitet, an gemeinsamen Memoiren.

Scorsese verdankt seine Präsenz auf der Bühne der diesjährigen Oscarverleihung der Schauspielerin Cate Blanchett, die den Oscar für die beste Nebenrolle in "Aviator" erhielt, und die in ihre Dankesworte einflocht: "Aber noch wichtiger ist mein Dank an Martin Scorsese. Ich hoffe, dass mein Sohn deine Tochter heiraten wird." ofri

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung