Hommage an eine große Hoffnung

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"Ich bekenne mich zur Lust am expressiven Klang, zur gesteigerten Dramatik, aber auch zur durchdachten Konstruktion, zum Experiment mit Zahlen, Intervallen, Symbolen, Techniken und zum plakativen Reiz emotionaler Darstellungsformen", liest man in der Selbstcharakteristik von Gerhard Schedl, einem Frühvollendeten. Zuletzt von heftigen Depressionen geplagt, nahm sich der erst 43-Jährige im November 2000 das Leben. - Mit Julie & Jean" erinnert die Neue Oper nun an den Komponisten. Premiere ist am 19. September.

1957 in Wien geboren, unternahm Schedl noch während seiner Mittelschulzeit erste Kompositionsversuche. Er studierte an beiden Wiener Musikuniversitäten, war Kompositionsschüler von Erich Urbanner, besuchte die Dirigentenklasse von Otmar Suitner und inskribierte Musikwissenschaft an der Universität Wien. 1981 wurde er an das Hoch'sche Konservatorium in Frankfurt am Main berufen, wo er eine Dozentur für Musiktheorie erhielt, zwischen 1982 und 1985 lehrte er auch an der Gutenberg-Universität Mainz. Dazu gesellten sich die Leitung der "Frankfurter Kurse für Neue Musik" und Gastvorlesungen, die den in seiner Jugend in der Jazz-und Rock-Szene Aktiven nach Hannover oder Brüssel führten.

1981 wurde Schedl auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt durch die erfolgreichen Uraufführungen seines szenischen Oratoriums "Der Großinquisitor", der Kinderoper "Der Schweinehirt"(an der Dresdner Staatsoper) und des Orchesterstücks "Tango". Das blieb nicht ohne Folgen. Renommierte Veranstalter in Europa, Amerika und Japan begannen, sich für ihn zu interessieren, führten Werke von ihm auf, erteilten ihm Aufträge. Schedl hatte sich einen internationalen Namen gemacht. Nicht zuletzt als Musikdramatiker, von dem man noch einiges erwarten durfte, wie die vom Salzburger Landestheater in Auftrag gegebene neue Kammeroper, "Julie &Jean", die allerdings erst nach seinem Tod uraufgeführt wurde.

August Strindbergs "Fräulein Julie" bildet die Inspirationsquelle für dieses Werk. "Ein Match in 12 Runden", wie es der Komponist im Hinblick auf seine eigentümliche Struktur näher bezeichnet. Seinen Inhalt formulierte er folgendermaßen: "Ein Paar ist einander verfallen. Sie begehren sich und können sich doch nicht erreichen. Das Ritual der Begierde, der Kampf um die Trophäe der Liebe ist ein gefährliches, ein lebensbedrohendes Spiel, das umschlägt in Vernichtung."

Mit dieser Neuproduktion engagiert sich die Neue Oper Wien erneut für ein Bühnenwerk von Gerhard Schedl. Ende der vergangenen Saison lud sie in das Werk X zu einer Aufführungsserie seines sich um Wahrheit, Werte, Libido und sexuellen Machtanspruch drehenden Minidramas "Der Fikus spricht". Auch das ein Beispiel, wie sehr es Schedl in seinem Schaffen stets auch darum ging, seine Wahrnehmung aktueller gesellschaftlicher Phänomene abzubilden.

Julie &Jean Neue Oper Wien 19., 22., 23., 25. September

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