"Honorieren, was Sportler an Fähigkeiten mitbringen"

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Nur wenige Spitzensportler können nach der Karriere von ihrem früheren Erfolg leben. Eine Beratungsstelle hilft beim Einstieg in einen "normalen" Beruf.

Er war ganz oben. 15 Jahre seines Lebens widmete Dieter Krassnig dem Spitzensport als Profi-Snowboarder. Der Kärntner war Europameister, zweifacher Vizeweltmeister, maß sich bei drei Olympischen Spielen mit den Weltbesten. Dann erlitt er eine Schulterverletzung und im vergangenen Jahr musste er seine Karriere aufgeben.

"Ich kenne viele, die dann in ein tiefes Loch gefallen sind", sagt Krassnig heute: "Ich habe mir aber immer gesagt: Wenn du aufhörst, musst du ganz stark sein, alle Möglichkeiten durchprobieren." Damals war er 34, hatte eine HAK-Matura, ein angefangenes Studium, das er für seine Sportlaufbahn geopfert hatte - und keinen Job. Der Kärntner hatte aber einen Uni-Lehrgang und einen Wifi-Kurs absolviert. "Ich war froh, dass ich wenigstens über die HAK-Matura hinausgehend etwas gemacht habe." Beruflich Fuß zu fassen, war auch so nicht einfach.

Beratung und Hilfe für die berufliche Laufbahn nach der Schneepiste erhielt Krassnig bei der Beratungsstelle "Ka:Da" (Karriere Danach) der Österreichischen Sporthilfe. Das AMS ist Partner des Projekts, das vor über zwei Jahren aus der Taufe gehoben wurde und in der ersten Zeit vor allem eines machen musste: Bewusstsein schaffen, dass es diese Beratung braucht: Denn zu wenigen sei bewusst, dass nur ein sehr geringer Anteil von Spitzensportlern auch nach der Karriere von ihren sportlichen Erfolgen leben könnte, dass viele Sportler für die Karriere auf eine berufliche Ausbildung verzichten und danach vor der Frage stehen würden: Was nun? Für Roswitha Stadlober, eine ehemalige Skirennläuferin und eine der zwei Projektleiterinnen, steht daher eine Forderung an die Politik im Vordergrund: Eine professionelle Beratungseinrichtung für Sportler rund um den Berufseinstieg und Sportausstieg müsse gesetzlich verankert werden.

Das Interesse von Seiten der Politik sei da, noch aber habe sich nicht viel getan, zeigt sich Stadlober ernüchtert: Auch Unternehmen sollten verstärkt angesprochen werden, auf die Potenziale, die Sportler mitbringen, zurückzugreifen. Eines hat Ka:Da aber bald bewiesen: der Bedarf ist gegeben. Seit April 2006 suchten 135 Sportler und Sportlerinnen um Unterstützung bei der beruflichen Planung an. Die meisten würden aus dem Bereich Fußball oder Skisport kommen, informiert Stadlober. "Das Alarmierende: Über 60 Prozent der Ratsuchenden haben keine berufliche Ausbildung, können also höchstens Matura vorweisen, was die berufliche Vermittlung sehr schwer gestaltet", so Christine Seemann, die zweite Projektleiterin. Ein abgeschlossenes Studium weisen nur fünf Prozent auf.

Über 60 Prozent nur Matura

Dieter Krassnig weiß, was diese Statistik in der Praxis bedeutet. Er arbeitet zur Zeit selbstständig im Bereich Marketing, möchte aber eine feste Anstellung. Könnte er nochmals anfangen, würde er "unbedingt neben der Sportkarriere ein Studium absolvieren". Doch genau diese Beratung zu Beginn der Karriere fehle meist, so Stadlober. Viele Eltern von begabten Jungsportlern sind unsicher, wie vorzugehen sei. In Deutschland gebe es bereits eine Laufbahnberatung schon vor und während der Karriere, sagt Roswitha Stadlober.

Hannes Reiter konnte zwar im elterlichen Betrieb eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolvieren, heute, nach Ende seiner Skikarriere, will er aber was Neues angehen. Auch der 27-jährige Salzburger sucht zur Zeit Rat bei Ka:Da und versucht auszuloten, was er machen will. Der frühere Juniorenweltmeister musste vor Kurzem seine Sportlerlaufbahn aufgeben. "Aufgrund einer Verletzung und weil ich nicht mehr gut genug war", sagt er enttäuscht. "Die bei Ka:Da haben viele Kontakte, sie verstehen die Lage", meint Reiter. "Es war schon hilfreich, dass überhaupt wer da ist", sagt Krassnig.

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