Ibsens "Peer Gynt" mal vier

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Der "nordische Faust" ließ in Klaus-Dieter Wilkes Neuinszenierung in vielen Szenen kalt.

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Der "nordische Faust" ließ in Klaus-Dieter Wilkes Neuinszenierung in vielen Szenen kalt.

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Klaus-Dieter Wilke, dem vor einigen Jahren eine bemerkenswerte Inszenierung von Goethes "Faust" I und II geglückt war, scheint sich mit dem "nordischen Faust", mit "Peer Gynt" von Henrik Ibsen, als Oberspielleiter des Landestheaters vom Linzer Publikum verabschieden zu wollen.

Für die von ihm speziell für die Kammerspiele erarbeitete und sehr gestraffte Fassung - die Aufführung dauert dreieinhalb Stunden - hatte er die neue Übersetzung von Georg Schulte-Frohlinde und für die Darstellung des Peer in verschiedenen Lebensaltern vier Schauspieler gewählt: Christian Higer, der frech und unbekümmert den jugendlichen Lügenbold und Draufgänger gab, der alle Welt zum Narren hält, auch seine Mutter, und dennoch zeigt, daß er sie liebt; Matthias Ch. Rehrl, der dem schon etwas reiferen Mann leider kein schärferes Profil abgewinnen konnte; Joachim Rathke, der Peer in seinen besten Jahren als erfolgreichen und eleganten, aber eiskalten Tycoon zeichnete; und schließlich Günter Gräfenberg. Dieser vermochte in seiner Rolle als alter, sich seines verfehlten Lebens bewußt gewordener Mann nicht nur zu überzeugen, sondern auch anzurühren.

Außer ihm gelang dies nur noch Brigitte Schmuck als Peers temperamentvoller und schließlich ganz stiller Mutter Aase und Viktoria Greiner als Reinheit und charakterliche Stärke ausstrahlender Solveig. Schade, daß durch Hektik und Lautstärke manches von dem verloren ging, was auch uns Heutigen dieses zutiefst philosophische Stück, in dem es um Selbstverwirklichung und Selbstfindung geht und in dem Ibsen Egoismus, Opportunismus und skrupellose Profitgier nach der Devise der Trolle "Sei dir selbst genug", brandmarkt, zu sagen hätte.

Einzelne Episoden brauchten nur etwas mehr Atem. Die Ausstatterin Brigitte Erdmann setzte mit ihren getäfelten Rundhorizonten nicht nur landschaftliche Akzente, sondern markierte auch szenische Schauplätze, da einige Tafeln als Fensterelemente dienten, die Figuren der Handlung ihr Eingreifen ermöglichte. Die phantasievollen Kostüme brachten viel Stimmung ins Bild. Insgesamt gesehen war es eine technisch reibungslose und künstlerisch bemühte, aber kühl lassende Aufführung. Von dem bunten, opulenten Treiben auf der Bühne sprangen nur wenige Funken über die Rampe ins Publikum. Die satten Klänge der Musik von Johannes Wetzler zählten dazu.

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