Im behaglichen "Kuhstall" Klimts

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Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum präsentiert die "Die Kunst der Landwirtschaft".

Ein frisches Lüfterl hat den neuen Direktor des Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Wolfgang Meighörner, ehemaliger Boss des Friedrichshafener Zeppelinmuseum, über die Berggipfel getragen und im ehrwürdigen Innsbrucker Musentempel abgesetzt. Mit im Fluggepäck hatte der 49-jährige gebürtige Münchner auch eine Menge pfiffiger Ideen für ein innovatives, interdisziplinäres Ausstellungswesen, in das er möglichst viele museale Einrichtungen Tirols einbinden möchte. So hat Meighörner anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Tiroler Landwirtschaftskammer die Ausstellung "Landwirtschaft und Kunst im Alpenraum von 1878 bis heute" inszeniert.

Altes und neues Tirol

Es ist eine wahrhaft opulente Schau, die über mehrere Etagen des Ferdinandeums führt und mit ungefähr 120 Exponaten (Leihgaben und Werken aus eigenen Beständen) eine Gegenüberstellung der "Kunst der Landwirtschaft im Alpenraum" von damals und heute ermöglicht. Der durchtrainierte Museumsstürmer hinterfragt Gewesenes und Gegenwärtiges im "Lodenmantel" der Kunst. Schwerpunkt: das alte und das neue Tirol (hinter den Bergen bei den Bauern und Jodlern).

Aber was ist das? Ein riesiges, schwarzes Euter (Julia Bornefeld, 1995) baumelt von der Decke herab; es macht uns klar, wo wir uns befinden: Im "Bauernhof" (1905) von Egger-Lienz. Im behaglichen "Kuhstall" (1900/01) Gustav Klimts kauen langleibige Kühe verwundert vor sich hin. Die "Alte Bergeller Bäuerin" (Giovanni Giacometti,1912) ruht sich vom Leben aus; der "Käsis Albert" (Foto 1985) scheint mit sich und den Milchkannen voll zufrieden zu sein. Dort rückt die "Bauernfamilie" Max Weilers, 1941, enger zusammen und Maria Lassnig hat die abgelebten "Bauernhüte" (2002) an den Haken der Stubenwand locker aufgespießt. Defreggers "Tischgebet" (1875) füllt den Raum mit Andacht; ebenso gebannt lauscht "Ein Walliser Dorf zum ersten Mal [dem] Radio" (Foto 1936).

Bilder verschiedener Zeiten

"Stillvergnügt" schäkert das Pärchen von Mathias Schmid (1881/82) im dämmrigen Herrgottswinkel. Gemächlich wandeln Gabriele Münters "Stilleben mit Figuren" (1910) und Artur Nikodems "Wallfahrer" (1926) dahin. Aber die grellfarbenen Mähmaschinen von Lukas Bardill/Gabriela Gerber (2004) treten den gelassenen "Bergmähern" (1907), dem "Sämann" (um 1918) und dem formgewaltigen "Pflüger" (1920) von Egger-Lienz lärmstark auf die Zehen. Die "Bauern am Tisch" (Alfons Walde, um 1928) beobachten die "Kartoffelschälerin" von Giovanni Segantini (1898) mit erwartungsvoller Vorfreude. An den güldenen Zier-"Kartoffeln" von Asta Gröting (2006) würde sich Ernst Ludwig Kirchners "Bauernfamilie beim Essen" (1922/23) mit Sicherheit den Magen verrenken. Daran könnten auch die schmalzverkrustete "Dicke Aura Heimat" (2002) Martin Gostners samt triefendem "Hendl-Triptychon" (Anna Jermolaewa, 1998) nichts ändern.

Nachdem das "Home Voodoo I" (Fotos 2004) von Lois und Franziska Weinberger dem eifrigen Museumswanderer einen gehörigen Schrecken eingejagt hat, erwägt dieser, den - aussichtslos scheinenden - Fluchtweg über das abstrakte Straßen-Chaos des "Val Canale" von heute einzuschlagen (Fotos 2005). Da bleiben wir lieber gemütlich im Ferdinandeum. Umso mehr, als wir hier auch in der ARTBOX pikanten "Früheren Verhältnissen" in der Malerei von 1800 bis 1900, nachspionieren könnten. Das wär' doch was!

Die Kunst der Landwirtschaft

Landwirtschaft und Kunst von 1875 bis heute

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Museumstraße 15, 6020 Innsbruck

www.tiroler-landesmuseum.at

Bis 13. Jänner 2008 Di-So 10-18 Uhr

Katalog € 19,--

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