Im Dickicht des Musikjargons

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Konzertpausen wollen überbrückt werden, und auch nach Tisch bereichert der künstlerische Disput das Repertoire der geselligen Unterhaltung. Wer sich dabei nicht auf das glatte Parkett von Opuszahlen wagt oder die Untiefen der zugehörigen Tonarten scheut, hält sich gern an griffige Titel. Kein Wunder also, dass namhafte' Orchesterwerke wie die Jupitersymphonie, die Eroica und die Pastorale, die Unvollendete oder die Pathétique sich beim breiten Publikum weit größerer Beliebtheit erfreuen als ihre musikalisch ebenbürtigen, aber anonymen' Geschwister aus der Feder von Mozart, Beethoven, Schubert oder Tschaikowsky.

Auch der bestimmte Artikel wird im Musikjargon unterschiedlich gebraucht: Entweder um auf die Einzahl oder auf die Einzigartigkeit eines Werkes hinzuweisen. So bedeutet "das Violinkonzert von Tschaikowsky", dass der Meister nur eine Komposition dieser Gattung geschaffen hat. Das Klavierkonzert desselben Schöpfers betont dagegen den hohen Rang und unverwechselbaren Charakter jenes berühmten Erstlings, der die beiden Nachfolger verblassen ließ.

Im Umgang mit musikalischen Begriffen ist stets Vorsicht geboten. So bezeichnet etwa der gleiche Ausdruck Trio sowohl den Mittelteil eines Menuetts oder Scherzos als auch ein kammermusikalisches Werk für drei Instrumente. Doch damit nicht genug der Zweideutigkeit. Während nämlich ein Streichtrio ein Stück für drei Streichinstrumente meint, gilt der Analogieschluss mitnichten für ein Klaviertrio. Denn in diesem Fall gesellen sich zum namengebenden Pianoforte noch die Geige und das Cello. Nach einer gern zitierten Anekdote hat einst ein Student bei einer einschlägigen Prüfungsfrage kühn auf eine Komposition für drei Klaviere getippt. Die zynische Antwort des Professors soll gelautet haben: "Dann ist wohl das Forellenquintett für fünf Forellen geschrieben!"

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