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Operettenpremieren in Mörbisch und Bad Ischl.

Sommerzeit ist Operettenzeit: Während sich jedoch die meisten Festivals der leichten Muse, gleich ob Mörbisch mit "Der Graf von Luxemburg", Schönbrunn mit "Wiener Blut" oder Langenlois mit "Das Land des Lächelns", breitenwirksam den Klassikern des Genres widmen - immerhin bietet Baden neben "Bettelstudent" und "Zirkusprinzessin" auch Nico Dostals seltene "Clivia" (man hat sie am ehesten vor Jahren am gleichen Ort schon gesehen!) - findet sich eine absolute Spielplanrarität nur im Programm des Lehár Festivals Bad Ischl. Neben der allbekannten "Lustigen Witwe" (Schauspielerin Ulrike Beimpold gab damit ihr Regiedebüt) steht dort die bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts vielgespielte, dann gänzlich vergessene "Fatinitza" von Franz von Suppé auf dem Spielplan.

Qualität nur erahnbar

"Fatinitza", in der Blütezeit der "Goldenen Operettenära", im Wiener Carl Theater uraufgeführt, bietet vor dem Hintergrund des Krimkrieges eine Verwechslungs-und Verkleidungskomödie: Leutnant Wladimir, gesungen von einem Mezzosopran, schlüpft in Frauenkleider und spielt die Tscherkessin Fatinitza (Musikkenner werden an den "Rosenkavalier" von Richard Strauss mit dem Verkleidungsspiel von Octavian zu Mariandl denken), wozu der Komponist eine ebenso anspruchsvolle wie kostbare Musik geschrieben hat. Die großen Qualitäten dieser Komposition ließ die Ischler Aufführung jedoch nur erahnen: Man muss zwar dankbar sein, dass Korrepetitor Vinzenz Praxmarer sich kurzfristig bereit erklärt hat, statt des zurückgetretenen Manfred Müssauer die musikalische Leitung zu übernehmen, eine allzu große Zaghaftigkeit liegt aber über seiner soliden Leitung, zudem dringt der Orchesterklang muffig aus dem Bühnenhintergrund. Gerade bei einer Rarität wäre es wichtig gewesen, für gute Textverständlichkeit zu sorgen - dies erfüllt aber nur der stimmlich tadellose Christian Bauer als Reporter Julian; er ist auch der einzige, der mit natürlichem Charme agiert, während die mezzoüppige Stephanie Houtzeel (Wladimir/Fatinitza), Steven Scheschareg (General Timosey) und die gesanglich penetrante Zora Antonic (Lydia) unentwickelt verkrampfte Typen bleiben. Statt einer prickelnden Komödie hat Leonard C. Prinsloo eine plakativ vergröbernde Klamotte inszeniert, der die richtige Gewichtung, subtile Reize und gefühlvolles Einhalten gänzlich fehlen. Auf die Dauer des langen Abends wirkt solch plumpe Eindimensionalität ermüdend.

Im Gegensatz zum spartanischen Dekor in Ischl bieten die Seefestspiele Mörbisch bei Lehárs "Graf von Luxemburg" erneut eine üppige Szenerie: Rolf Langenfass hat detailreich Pariser Flair auf die riesige Bühne gezaubert, es herrscht optische Opulenz, die aber das Mörbisch-Spezifische, den See, gänzlich außer Acht lässt. In der prächtigen Kulisse hat Dietmar Pflegerl Regie geführt, grundsolide und die Figuren geschmackvoll über die großen Dimensionen führend, aber auch ohne die Tiefe, die sonst seine Produktionen auszeichnet. Es fehlt an Stringenz - auch auf Grund musikalischer Einlagen, die den Ablauf eher hemmen als straffen. Solistisch ist an erster Stelle ein entzückendes Buffopaar zu nennen: Marko Kathol ist ein flott präsenter Brissard an der Seite von Anja-Nina Bahrmann als Juliette mit leuchtend leichtem Sopran. Gesa Hoppe, in der Ausstrahlung nur bedingt große Diva, singt die Angèle mit klangvoller Mittellage, aber auch wenig Höhenstrahl, und auch der kantig phrasierende Michael Suttner ist nicht gerade der strahlende Tenor, den man sich für die Titelpartie wünscht.

Unnötige Tanzeinlage

Sie alle verblassen, wenn sich "Hausherr" Harald Serafin als Basil unverhohlen in den Mittelpunkt rückt und Marika Lichter im dritten Akt als lautstarke Gräfin Kokozow (samt unnötiger Tanzeinlage!) aufrauscht. Rudolf Bibl ist seit Jahren der kompetente musikalische Leiter der Seefestspiele, mit zügigen Tempi selbst in den elegischen Momenten; leider klingt das Orchester nach wie vor in der Verstärkung unaufgefächert übersteuert - doch was soll es: Mörbisch überzeugt mit optischer Pracht, was bei der Operette sonstwo kaum mehr geboten wird.

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