Im Kampf gegen Malaria der Natur auf der Spur

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Ihr Name geht zurück auf einen Vers im "Buch der Lieder", einer Sammlung alter chinesischer Dichtung, die angeblich von Konfuzius zusammengetragen wurde. Und ihre große Entdeckung geht zurück auf eine alte Schrift der Traditionellen Chinesischen Medizin. Dort fand sie Hinweise, um aus dem Saft der Beifußpflanze Qinghao einen Wirkstoff zu gewinnen, der im weltweiten Kampf gegen die Malaria bereits Millionen von Menschen zugute gekommen ist. 1971 konnte sie als Erste die Substanz Artemisinin isolieren, die gegen die einzelligen Malaria-Erreger im Blut Wirkung zeigte. Für diese Entwicklung wurde der 84-jährigen Youyou Tu nun der Medizin-Nobelpreis zugesprochen. Die Chinesin erhält die Hälfte des Preises; die andere Hälfte geht an den Iren William Campbell und den Japaner Satoshi Omura, die für ihre Arbeit gegen andere Parasiten-Krankheiten ausgezeichnet wurden.

Die Erfolgsstory von Youyou Tu ist eingebettet in die jüngere Geschichte Chinas: Denn die wissenschaftliche Herausforderung ihres Lebens wurde ihr 1969 von Mao Tse-Tung in die Hände gelegt. Angesichts des Vietnam-Kriegs waren Medikamente gefragt, um den Kampf der Nordvietnamesen gegen die USA im Malaria-verseuchten Dschungel an der Südpforte Chinas zu unterstützen. Inmitten der Wirren der Kulturrevolution wurde die damals 39-jährige Forscherin in Beijing in ein geheimes Forschungsprojekt rekrutiert, das sich hinter der Chiffre "523" verbarg. Sie reiste nach Hainan, einer Malaria-geplagten Insel in Chinas Süden. Im dampfenden Regenwald wurde die zweifache Mutter zur Zeugin der damals fatalen Krankheitsfolgen. "Ich sah viele Kinder in den letzten Malaria-Stadien", berichtete die bescheidene Chinesin dem Wissenschaftsblatt New Scientist 2011. Gemeinsam mit Insektizid-getränkten Moskito-Netzen wurde Artemisinin zu einer frühen Säule der Anti-Malaria-Strategien. In Kombination mit anderen Medikamenten wird es bis heute eingesetzt.

Tus Entdeckung habe einen Paradigmen-Wechsel eingeläutet, so die Begründung des Nobel-Komitees: "Erst dadurch wurde die Produktion eines Anti-Malaria-Mittels in großem Stil möglich." Es ist das erste Mal, dass ein wissenschaftlicher Nobelpreis an Forschung aus der Volksrepublik China verliehen wird. Und die Entscheidung wurde auch als Signal gewertet: Geht es doch bei allen Preisträgern um eine Krankheitslast, die vor allem arme Länder betrifft - und um Wirkstoffe, die aus der Schatzkiste der Natur gewonnen wurden.

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