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Zwischen Groteske und intimer Distanz: Cornelia Crombholz inszeniert "Dunkel Lockende Welt" von Händl Klaus im Grazer Schauspielhaus.

Für seinen grotesken Psychothriller Dunkel lockende Welt wurde Händl Klaus 2006 von der Fachzeitschrift Theater Heute in Deutschland zum Dramatiker des Jahres gewählt. Auf der Probebühne am Grazer Schauspielhaus wurde das Stück des 1969 in Tirol geborenen Autors nun neu inszeniert und die produktive Händl-Graz-Liasion - nach zwei Uraufführungen im steirischen herbst - erfreulich fortgeführt.

Cornelia Crombholz' rasante Inszenierung setzt die extremen Anziehungskräfte dieser dunkel lockenden Welt frei. Man vermochte sich kaum dagegen zu stemmen. Dabei reizt Händls allzumenschlicher Thriller unentwegt mit heimtückischen, paranoiden Abgründen, die alles andere als anziehend wirken. Es beginnt mit einem Abschied. Die Kieferchirurgin Corinna Schneider zieht aus ihrer penibel gereinigten Wohnung aus. Sie will, sagt sie, ihrem Freund nach Peru folgen, um dort als Zahnärztin zu arbeiten. Ein letztes Gespräch mit ihrem Vermieter Herrn Hufschmied findet statt, das - als man plötzlich eine bereits leicht verweste menschliche Zehe findet - mysteriös versickert. Sie taucht bei ihrer Mutter unter: einer promovierten Forscherin, die ihrer vaterlosen Tochter seit jeher ihr enormes botanisches Wissen als Muttermilchersatz einflößte.

Händl hat glänzende Rollen für drei Schauspieler geschaffen. Franz Solar ist ein konstant erregter Vermieter, der sein Zimmer mit der Urne seiner Mutter teilt. Sophie Hottinger tut so, als sei sie eine überkorrekte Jungärztin, in deren Blick aber im nächsten Moment die Rohheit tierischer Paarungsrituale aufblitzt. Und Steffi Krautz als Mutter zaubert unentwegt immergrüne Wortranken hervor, ohne sich darin dauerhaft zu verfangen.

Händl Klaus' doppelbödiger Sprachinstinkt legt Spuren, verwischt sie wieder und schafft eine Geschichte voller Anspielung. Umzugskartons (Bühne: Florian Barth) werden dabei immer wieder zu Wänden aufgestapelt, verschoben und umgebaut. Dann, wenn die Reise weiter führt, hinein ins Dunkel, tauchen Affe und Eisbär auf und trotten durch das menschliche Neuland.

Während Peter Turrinis Neufassung seiner Minderleister eine Woche zuvor mit schnell erhitzter Theaterkost enttäuschte, ködert Händl Klaus den Zuschauer mit intimer Distanz, die immer kurz vor dem Kippen ins Monströse Entgegenkommen signalisiert.

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