Nicht nur hohe Berge und die Lage an einem großen Fluß verbinden die Stadt am Inn und jene am Rhein. Beide Städte haben in jüngster Zeit einen neuen Bischof erhalten, und in beiden Fällen bietet nicht die Person, sondern die Vorgangsweise Anlaß zu kritischem Interesse.
Man erinnert sich: Obwohl entsprechende Vorschläge seitens der Ortskirche vorlagen, wurde in Innsbruck ein Mann zum Bischof ernannt, der zur Diözese bislang keine Beziehung hatte. Daß diese Personalentscheidung gut herauskam, darf nicht als Entschuldigung dafür gelten, daß die Ortskirche dabei gänzlich übergangen wurde.
Die Dreierliste, die dem Churer Domkapitel von Rom zur Wahl des Bischofs vorgelegt wurde, enthielt neben Bischof Amedee Grab OSB zwei Auslandsschweizer, die nicht einmal allen Mitgliedern des Wahlgremiums persönlich bekannt waren, von Beziehung zum Bistum ganz zu schweigen. Die Liste war also nur einen Kandidaten zugeschnitten. Das kennt man schon aus Köln, in Salzburg, so sagt man, sei es ähnlich gewesen. Daß solche Listen eine Manipulation des (uralt verbrieften, nicht etwa in jüngster Zeit angemaßten!) Wahlrechtes ortsansässiger Gremien implizieren, liegt auf der Hand. Das heißt: Hier wird altes Recht auf unschöne Weise umgangen, unter Einhaltung der Formalvorschriften selbstverständlich. Das ist schlechter Stil und verrät keine redliche Gesinnung. Man nennt das auch übervorteilen.
Das Domkapitel hätte die Liste auch zurückweisen können, meinte der Churer Weihbischof Henrici. Hier scheint er freilich zu irren - oder ist so schnell vergessen, daß das Kölner und das Salzburger Kapitel mit nachhaltigem Druck zur Wahl angehalten wurde? - Prompt sprach Rom auch nicht von einer Wahlbestätigung, sondern von einer Ernennung des Bischofs von Chur ... Dieser war bislang Bischof von Fribourg, und dort kann Rom den Nachfolger ernennen, ohne den ohnehin nur formalen Umweg über ein Domkapitel gehen zu müssen ... - ein Punkt für Rom. Wenn ich es vergleiche: Das ist mir, wie auch der Vorgang in Innsbruck, noch lieber als eine vorgetäuschte Wahl. Denn da wird unverschleiert erkennbar, was auch in Chur durchscheint - nämlich was Rom von den Ortskirchen hält: wenig.
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