Interesse am spektakulären Gelingen

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Fast hätte ich es geglaubt, dass der Spielzeughersteller Lego mit dem Flughafen Berlin eine eigene Baukastenreihe misslungener Großprojekte gestartet hat, mit unvollständigen Plänen und garantiertem Frustrationserfolg bei den bastelnden Kindern. Aber das ist nur ein gut erfundenes Gerücht, nachzulesen auf der deutschen Satire-Website Der Postillon. Dass es von Vielen für bare Münze genommen wird, zeigt, wie sehr wir uns daran gewöhnt haben, vor allem "Bad News“ interessant zu finden. Wir wissen eher, wo etwas schiefgeht, als dass wir jenen Großvorhaben Aufmerksamkeit schenken, bei denen alles klappt.

Ohne Kostenexplosion, im Zeitplan

Ein aktuelles Herzeigeprojekt, dessen spektakuläres Gelingen unser besonderes Interesse verdient, ist die neue Wirtschaftsuniversität in Wien. Der zwischen Prater und Messegelände situierte Campus wird dieser Tage seiner Bestimmung übergeben. 26.000 Kartons wurden zuletzt aus jener "alten“ WU übersiedelt, die sich nach nur drei Jahrzehnten als nicht mehr tauglich erwies. Diesmal hingegen ist alles auf Nachhaltigkeit angelegt, konzeptionell wohl durchdacht und auf die Bedürfnisse von ca. 23.000 Studierenden und 1500 Mitarbeitern abgestimmt.

Die geplanten Gesamtkosten von 492 Millionen Euro für den Bau und 46 Millionen für die Einrichtung samt Möbeln und Medientechnik wurden exakt eingehalten. Nur sechs Jahre nach der Standortentscheidung, mit der ein ganzer Stadtteil eine völlig neue urbane Qualität bekommt, beginnt nun pünktlich der Studienbetrieb.

Bescheidenheit und Sachlichkeit

Dieser eindrucksvolle Erfolg hat viele "Väter“ - wohl mehr, als es bei einem Misserfolg der Fall gewesen wäre. Er ist aber jedenfalls untrennbar mit der Person des seit der Einführung der Universitätsautonomie für "seine“ WU verantwortlichen Rektors Christoph Badelt verbunden. Sein unscheinbares Büro am Rand des neuen Campus ist ein Statement jener selbstbewussten Bescheidenheit und Sachlichkeit, mit der er beharrlich die Weichen zur Umsetzung seiner Vision stellte.

Die Gründung einer gemeinsamen Projektgesellschaft mit der Bundesimmobiliengesellschaft BIG stellte sicher, dass die WU das Vorhaben als Partner der Bauprofis begleiten konnte. Ein genaues Funktions- und Raumkonzept mit einem - wie sich heute zeigt - sehr verlässlichen Kostengerüst wurde samt einem innovativen Finanzierungsmodell an die Politik herangetragen. Als dann 2008 ein Konjunkturpaket geschnürt wurde, passte das umsetzungsreife Vorhaben perfekt dazu.

Eine Jury unter dem Vorsitz von Wolf D. Prix sorgte dafür, dass sich auch verwöhnte internationale Architekturstars nach der Kostendecke streckten. Sogar das atemberaubende Bibliotheksgebäude von Zaha Hadid ließ sich unterbringen. Mit seinen Schrägfassaden würde es in einem Lego-Baukasten der Serie "Erfolgreiche Großprojekte“ gute Figur machen.

Mitten im Wahlgetöse zeigt sich am Beispiel der neuen WU, was bei überparteilichem Handeln in diesem unserem Land alles möglich ist. Wir hätten gerne mehr davon!

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