Interreligiöser Lesestoff geht nicht aus

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Walter Homolka fasst die jüdische Jesusforschung zusammen, Ursula Baatz bringt Zen-Buddhismus und Christentum einander nahe, ein Sammelband über christlich-muslimische Begegnung, ein Lexikon: vier neue Bücher zum interreligiösen Gespräch.

Wer war / ist Jesus von Nazareth? Diese – für Christen immer wieder neu brisante – Frage hat über die Jahrhunderte auch jüdische Autoren und Denker beschäftigt. Walter Homolka, Leiter des Rabbiner-Seminars Abraham-Geiger-Kolleg an der Uni Potsdam und FURCHE-Kolumnist, geht dem im lakonischen, aber enorm informativen Büchlein „Jesus von Nazareth im Spiegel jüdischer Forschung“ nach. Von den Polemiken gegen Christen im Talmud bis zur Neuentdeckung des Juden Jesus im 19. und 20. Jahrhundert spannt sich der Bogen, der in ganz kurzen Abschnitten die jüdische Rezeption der Person Jesu darstellt.

Ein schwieriges Unterfangen, war ein „unbefangener“ jüdischer Zugang wegen der (christlichen) Judenverfolgungen schwer bis gar nicht möglich. Erstaunlich, dass dennoch über das Mittelalter hinweg bis in die Neuzeit Zugänge zu entdecken sind, die nicht bei den jüdischen „Stars“ des Gesprächs mit den Christen wie Schalom Ben-Chorin enden. Homolka verkneift sich ganz und gar nicht, auch auf die gegenwärtige christliche Rezeption dieser jüdischen Zugänge – etwa im Jesus-Buch von Papst Benedikt XVI. – einzugehen und dabei viel Kritisches anzumerken. Ein wichtiger Leitfaden, kurz und bündig, aber notwendig und gut lesbar.

West-östliche Zusammenschau

Wesentlich ausführlicher, aber um nichts weniger spannend zu lesen ist das Buch „Erleuchtung trifft Auferstehung“, in dem die Ö1-Religionsjournalistin und Religionsphilosophin Ursula Baatz die Begegnung zwischen Zen-Buddhismus und Christentum zum Thema macht. Baatz, Schülerin und Biografin des Jesuiten und Zen-Meisters Hugo M. Enomiya-Lasalle (1898–1990), versucht die buddhistische und die christliche Konzeption sowie die Wege, die beide Religionen vorschlagen, ins Gespräch zu bringen und in Beziehung zueinander zu setzen. Ohne die Schwierigkeiten zu verschweigen – dass etwa die fernöstlichen Zugänge und Meditationspraxen beider Auseinandersetzung im christlichen Kontext oft kritisch angesehen werden –, geht die Autorin behutsam vor, um gemeinsame Entwicklungen darzustellen und nachzuzeichnen. Neben Anschauungen, die Zen und Christentum als zwei eigenständige Wege nebeneinander stehen lassen, beschäftigt sie sich mit den „Eternalisten“, die beide als Einheit zu sehen vermögen. Auch einer hierzulande weitgehend unbekannten philippinischen „Symbiose“, in die indigene Elemente einfließen, gibt das Buch Raum.

Baatz gibt auch nicht vor, dass die wesentlichen Fragen zwischen Zen(-Buddhismus) und Christentum schon geklärt wären – im Gegenteil: die Autorin schreibt an einer Stelle, viele der Fragen seine ja noch nicht einmal gestellt. Aber das Buch regt auf eine faszinierende Weise zur Auseinandersetzung an – etwa im Versuch, die Erleuchtung im Buddhismus mit der Anschauung der Auferstehung im Christentum gemeinsam zu denken und in eine fruchtbare Zuammenschau zu bringen.

Begegnende Auseinandersetzung

Nicht nur die Schweizer Minarett-Diskussion zeigt die Dringlichkeit einer begegnenden Auseinandersetzung von Christen und Muslimen in Europa auf. In der Reihe „Kommunikative Theologie“ ist dazu im Grünewald-Verlag der Sammelband „Heilig – Tabu. Christen und Muslime wagen Begegnungen“ erschienen, wo eine Fülle von konkreten Dialogerfahrungen im deutschsprachigen Raum beschrieben werden – etwa rund um den Moscheebau in Telfs. Das aus einem auch an der Universität Innsbruck angesiedelten Projekt entstandene Buch birgt eine Fülle an theoretischem und praktischem Material zur Frage, wie Christen und Muslime ihre Religion nicht nur nebeneinander, sondern miteinander leben können. Daneben finden sich kompakte Übersichten zur Situation von Christen und Muslimen insbesondere in Österreich: Elisabeth Dörler, Islambeauftragte der Diözese Feldkirch und führende kirchliche Expertin auf diesem Gebiet, analysiert die Herausforderung, die Muslime für Österreich und die Kirche darstellen. Wichtig auch die Einführung in die islamische Glaubenstradierung, die der Wiener Islamtheologen Ednan Aslan dem Buch voranstellt.

Neues, teilweise altes Lexikon

Ein Klassiker ist das zuletzt 1997 bei Herder aufgelegte Lexikon der christlich-jüdischen Begegnung aus der Feder von Clemens Thoma und Jakob J. Petuchowski. Nun hat der Verlag daraus ein „Lexikon der Begegnung – Judentum, Christentum, Islam“ gemacht, in dem die Islamwissenschafter Ludwig Hagemann und Adel Th. Khoury einen eigenen lexikalischen Teil zum Islam dazugeschrieben haben.

Man findet da kein homogenes Buch, das so entstanden ist, vor, sondern die zwei Teile – jüdisch-christlich und islamisch – stehen mehr nebeneinander als zueinander da. Aber die zeitlose Qualität des ursprünglichen Lexikons und der in sich konzise neue islamische Teil machen in einem Buch doch Sinn, wenn es darum geht, schnell grundlegende Informationen zu den drei abrahamitischen Religionen zu bekommen und die einzelnen Glaubensauffassungen auch dadurch kennenzulernen, dass man nachliest, wie es denn bei den anderen Religionen gedacht wird.

Jesus von Nazareth im Spiegel der jüdischen Forschung

Von Walter Homolka. Hentrich & Hentrich 2009. 88 Seiten, kt., € 8,10

Erleuchtung trifft Auferstehung Zen-Buddhismus und Christentum. Eine Orientierung

Von Ursula Baatz. Thesus Verlag 2009. 240 Seiten, geb., € 20,60

Heilig – Tabu. Christen und Muslime wagen Begegenungen

Hg. Daniela Kästle, Martina Kraml, Hamideh Mohagheghi. Matthias-Grünewald-Verlag 2009. 368 Seiten, kt., € 25,60

Lexikon der Begegnung

Judentum – Christentum – Islam

Von Jakob J. Petuchowski, Clemens Thoma, Ludwig Hagemann, Adel Th. Khoury. Herder 2009. 418 Seiten, geb., € 25,70

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