"Interviewen ist wie Schachspielen"

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Armin Wolf, ZIB 2-Moderator und gnadenloser Interviewer, war am 10. Dezember zu Gast beim ersten Abend der Reihe "Forum Sacré CSur" und sprach mit den Schülerinnen und Schülern über Medien, Politik sowie seine Rolle als "politischer Aufklärer".

Wenn sich auch nur fünf der durchschnittlich 600.000 bis 900.000 Zuseher der ZIB 2 nach einer von ihm moderierten Sendung informierter fühlen, dann sei der Zweck erfüllt, so ZIB 3-Pionier Wolf, der täglich 25 (!) Zeitungen und Magazine liest. In diesem Zusammenhang betont er, dass es aber nicht nur wichtig sei, mit professionell gestalteten, kurzen und ansprechenden Beiträgen die Zuseher vor den Bildschirm zu locken, um dadurch ein Wegschalten zu verhindern, sondern dass es vor allem auch nötig sei, die Zielgruppe der Jugendlichen wieder verstärkt zu Informationssendungen zu bringen. Dem weit verbreiteten Vorurteil, dass sich die Jugend von heute für Politik ohnehin nicht interessiere, schließt sich Armin Wolf nicht an. Seiner Meinung nach informieren sich immer mehr Jugendliche über das Internet. Mit herkömmlicher Berichterstattung seien sie kaum erreichbar. Auch die ZIB-Redaktion habe darauf bis jetzt noch keine ausreichende Antwort gefunden.

Mit viel Humor, Redekunst und der Bereitschaft, auf alle Fragen eine Antwort zu geben, gewann Armin Wolf das Publikum schon nach wenigen Minuten. Vor allem die Professionalität, mit der er sich stilvoll präsentierte, weckte Bewunderung.

Gwendolin Korinek, Bianca Kremer (beide 7b)

Armin Wolf: Eigentlich war es mein Traum, beim Spiegel zu arbeiten, realistischer wäre allerdings ein Job beim profil gewesen. Nachdem ich mit 21 das Ö1-Mittagsjournal moderiert hatte, landete ich mit 28 dort, wo ich nie hinwollte, beim Fernsehen. Schließlich habe ich 1985 den viel zitierten Neil Postman - "Wir amüsieren uns zu Tode" - gelesen. Wenn Sie in ihrem Leben nur ein Buch über das Fernsehen lesen, dann das. Es ist sehr spannend, stellenweise übertrieben, aber ich glaube zum Großteil richtig. Die Grundthese Neil Postmans lautet: Fernsehen ist ein ungeeignetes Informationsmedium. Denn es macht letztendlich alles zur Unterhaltung. Auch die traurigsten, schlimmsten und ernstesten Sachen müssen schließlich, wenn sie gutes Fernsehen sein wollen, unterhaltsam aufgearbeitet werden, oder sie sind kein gutes Fernsehen. Deshalb könnte man das Fernsehen als Informationsmedium vergessen. Das Problem ist nur, dass 75 Prozent der Einwohner aller westlichen Staaten in Umfragen regelmäßig sagen, dass Fernsehen für sie das wichtigste Informationsmedium über Politik ist. Zwei Drittel meinen, dass es für sie das glaubwürdigste ist. Da ich aber Aufklärung über Politik betreiben wollte, wechselte ich, als ich von Johannes Fischer ein Angebot bekam, vom Ö1-Mittagsjournal zum TV.

Lisa: Ist es bei manchen Themen oder Interviewpartnern schwierig, die Objektivität zu bewahren, da Sie ja auch eine politische Meinung haben?

Wolf: Eigentlich nein. Aber das hat damit zu tun, dass meine politische Einstellung ganz kompliziert ist. Ich habe sozusagen keine "Heimmannschaft", zu der ich halte. Wenn ich nach meiner politischen Meinung gefragt werde, was in Interviews auch immer wieder passiert, sage ich "skeptisch interessiert". Ich versuche Politik relativ skeptisch und kritisch zu betrachten.

Thomas: Sie haben erzählt, dass Sie sich schon immer für Politik interessierten. Haben Sie sich schon einmal ernsthaft überlegt, selbst in die Politik zu gehen?

Wolf: Ja, mit 14, 15, 16, 17. Da ich in der Schülervertretung war, lernte ich die Arbeit dort kennen. Gott sei Dank bin ich bald draufgekommen, dass mir Dinge im Umfeld der Politik mehr liegen als Politik zu machen, und jetzt beschäftige ich mich mit "Prominenten Quereinsteigern in der Politik". Nur die wenigsten Journalisten reüssieren in der Politik.

Klara: Wie sehr spielt Spontaneität in Ihrem Beruf eine Rolle?

Wolf: Die wichtigsten Dinge in meinem Beruf sind a) Vorbereitung und b) Spontaneität. Spontaneität hat zu tun mit der Bereitschaft, dass man sein Konzept über Bord wirft, oder zumindest Teile davon. Es gibt sozusagen den exemplarischen Supergau, das ist Otto Waalkes im Studio. Mir ist das noch nicht passiert, aber Ingrid Thurnher. Man möchte nicht auf Grund eines Studiogastes in Erinnerung bleiben. Abgesehen von aller Vorbereitung hängt es davon ab, wie der jeweilige Studiogast gelaunt ist. Mir ist Spontaneität neben der Vorbereitung das Wichtigste.

Lisa: Wurde Ihr Interesse für Politik von Ihren Eltern anerzogen oder hat sich das von selbst entwickelt?

Wolf: Es hat definitiv mit meinen Eltern zu tun, nicht weil sie es mir anerzogen haben, sondern weil meine Eltern selbst in Basisfunktionen politisch tätig waren. Bei uns zu Hause wurde viel über Politik diskutiert. Mich hat Politik schon von Anfang an fasziniert. Ich habe mit 14, 15 begonnen, mich in der Schülervertretung zu engagieren und ich wusste, dass ich etwas machen wollte, das mit Politik zu tun hat.

Klara: Sie erwähnen Aufklärung über Politik als persönliches Ziel. Haben Sie für sich persönlich dieses Ziel erreicht?

Wolf: Darum kämpfe ich jeden Tag. Es kann nie genug Aufklärung über Politik geben. Ich versuche jeden Tag einen ganz kleinen Beitrag dazu zu leisten. Das Interview mit einem Politiker ist als Technik spannend. Es ist wie ein Schachspiel. Es ist faszinierend, wenn man mit den besten und interessantesten Politikern des Landes sechs Minuten Schach spielen kann. Der Politiker kommt als Profi ins Studio und will den Zusehern etwas verkaufen - sich, seine Politik, seine Partei. Ich versuche trotzdem, diese vorbereitete Botschaft auf Widersprüche zu hinterfragen und zu schauen, welche Interessen hinter dieser Botschaft stehen. Aufklärung ist ein nie abgeschlossenes Projekt. Fragen Sie einmal Kant. Im Gegenteil.

Lisa Fries, Klara Paal, Thomas Schauer (alle 7b)

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