Isabel Allende in Pose am Krankenbett

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Der Roman "Paula" mag so manchen zu Tränen rühren - er ist leicht lesbar, spannend, aber nicht frei von Selbstgefälligkeit.

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Der Roman "Paula" mag so manchen zu Tränen rühren - er ist leicht lesbar, spannend, aber nicht frei von Selbstgefälligkeit.

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Die chilenische Bestsellerautorin Isabel Allende hat die tragische Geschichte des Todes ihrer Tochter zu einem ziemlich rührseligen, selbstgefälligen Familienporträt verarbeitet, in dem sie selbst im Mittelpunkt steht.

Die Geschichte ist an sich furchtbar: Eine jung verheiratete Frau leidet an der seltenen Stoffwechselkrankheit Porphyrie und fällt nach einem akuten Anfall ins Koma, aus dem sie mit einem schweren Gehirnschaden nie mehr ganz erwacht. Bewegungsunfähig und unansprechbar, verbringt sie eineinhalb Jahre in Krankenhäusern und im Kreise ihrer Familie, die sie aufopfernd pflegt. Weder Schulmedizinern noch Schamanen und Geistheilern gelingt es, sie ins Leben zurückzuholen - sie stirbt, nicht einmal 30 Jahre alt.

Am Krankenbett sitzt ihre Mutter, Isabel Allende, und schreibt ihre Familiengeschichte auf, um sie der Tochter zu erzählen, falls sie mit Gedächtnislücken aus dem Koma erwacht. Später schreibt sie weiter, um den bereits aussichtslosen Kampf am Krankenbett zu ertragen. Und so erfährt der Leser dieses Romans die Geschichte einer chilenischen Diplomatenfamilie, die - mit dem Präsidenten Allende weitschichtig verwandt - nach dem Militärputsch in die Emigration gezwungen wird. Sehr plastisch erzählt Isabel Allende ihr Leben als junge Journalistin mit zwei kleinen Kindern, die der Tradition des chilenischen Bürgertums verhaftet ist und dennoch als Sozialistin und Feministin in langen wallenden Hippiekleidern ihre Art von Rebellion in Chile zu leben versucht.

Nach dem Putsch gerät sie in akute Gefahr, da sie bedrohten Freunden Unterschlupf bietet. Schließlich flieht sie mit ihrer Familie nach Venezuela, wo sie sich mühsam eine neue Existenz aufbaut.

Als die Tochter Paula an Porphyrie erkrankt, ist sie freilich bereits die reiche, gefeierte Autorin, lebt mit ihrem zweiten Mann in Kalifornien und ist eine schillernde Figur des kulturellen Lebens in Amerika. Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht sie, ihrer Tochter zu helfen: Verschiedenste moderne Therapien werden angewendet, alte chilenische Fetische und neueste alternativmedizinische Heilmittel werden von zum Teil hochbezahlten Scharlatanen an der Patientin im Koma erprobt. Die bisher allen Lebenslagen gewachsene "Powerfrau" steht dem schleichenden Tod der geliebten Tochter dennoch machtlos gegenüber.

Das Buch wird vielen Menschen sehr gut gefallen. Es liest sich leicht und spannend, rührt zu Tränen und bietet Einblick in die Ereignisse rund um den Putsch der chilenischen Militärjunta, deren Terrormethoden in Europa viel zu schnell in Vergessenheit geraten sind. Damit entspricht es der Mode der Lebensberichte, wie sie täglich in Talkshows präsentiert werden. Mir ist es etwas zu geschwätzig und zu eitel, es bleibt sprachlich, emotional und politisch zu sehr an der Oberfläche.

Die zentrale Figur ist selbstverständlich nicht die Tochter Paula, sondern Isabel Allende selbst. Wie auf dem Umschlagfoto, so nimmt sie auch im Roman eine Pose ein. Die Tochter erscheint nur im Hintergrund, ihr Bild bleibt verschwommen.

PAULA Roman von Isabel Allende Übersetzung: Lieselotte Kolanoske Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1997 488 Seiten, geb., öS 254,

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