Islamdiskurs vom Recht bis zum Roman

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Es handelt sich um eine der emotional aufgeladensten und gleichzeitig diffizilsten Materien im Kontext des Islam: das Recht. Zwischen den Polen von als atavistisch verstandenen Strafmaßnahmen ("Handabhacken für Diebstahl“) und unkritischer Preisung als einer Art Apotheose des Rechts reicht die Bandbreite, mit der islamische Rechtsauffassungen auch medial diskutiert werden. Oft offenbart sich in diesen Auseinandersetzungen bestenfalls die oberflächliche Kenntnis der islamischen Rechtsformen samt deren Anwendungen. Schon allein der Begriff der "Scharia“ wird meist undifferenziert (und falsch) in die Diskussion geworfen.

Dem versucht der Wiener Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker mit seinem Buch "Islamisches Recht“ abzuhelfen, das eine - durchaus auch für ein interessiertes Publikum - anspruchsvoll geschriebene Fundgrube des diesbezüglichen Wissens darstellt. Schon allein die Weigerung Lohlkers, den Begriff der "Scharia“ mit "islamisches Recht“ zu übersetzen, mag andeuten, wie behutsam die Fragestellungen zur islamischen Jurisprudenz anzugehen sind. Auch das mit "Fiqh“ benannte Regel-Korpus kann nicht mit einem Islamischen Recht an sich identifiziert werden.

Lohlker sucht in seinem Buch Denk- und Argumentationsmuster im Islam darzustellen. Ein ebenso schwieriges wie verdienstvolles Unterfangen, das jedem an der Materie Interessierten, der sich nicht mit den "Scharia“-Verdikten der Boulevard-Medien begnügen, sondern sich auf eine intellektuell herausfordernde Auseinandersetzung einrichten will, anzuempfehlen ist.

Einführung für Einsteiger

Populärwissenschaftlich - in positivem Sinn gemeint - ist dagegen die Darstellung in Kurt Girstmairs Band "Islam. Aspekte einer fremden Religion“ ausgefallen. Dem Autor - eigentlich Professor für Mathematik an der Universität Innsbruck, der sich seit Jahren mit der Kultur des Orients beschäftigt, gelingt eine überraschend kenntnisreiche wie nüchterne Sicht auf einen vielgestaltigen Islam, die - um ein illustratives Beispiel zu nennen - auch ein Plädoyer für einen entspannten Umgang mit der Minarett-Frage hierzulande einschließt.

Als Einführung für Einstieger, die sich aber doch der Mühe einer differenzierteren Darstellung von Islam und Muslimen unterziehen wollen (eigentlich eine selbstverständliche Voraussetzung jedes seriösen Diskurses!) ist der gut lesbare Band jedenfalls sehr geeignet.

Mit rustikalem Humor

"Mein Sinn für Humor ist zuweilen ein wenig rustikal … Einen anderen Humor habe ich aber nicht.“ Was Anja Hilscher da als "Warnung“ ziemlich am Anfang ihres Buches "Imageproblem. Das Bild vom bösen Islam und meine bunte muslimische Welt“ schreibt, charakterisiert Anliegen wie Methode treffend. Man kann auch gut nachvollziehen, dass einer Muslima die allzu bierernste Auseinandersetzung mit ihrer Religion auf die Nerven geht.

Wer sich vom "Rustikalen“ somit nicht abschrecken lässt, der findet in der zum Islam konvertierten Grundschullehrerin und Erwachsenenbildnerin eine ordentliche Anwältin ihres Glaubens. Die "Kesse-Lippe“-Attitüde muss zwar nicht jedermanns Sache sein und ist natürlich durch die Brille einer Gläubigen erzählt. Aber der Versuch, eine "hehre“ Religion unterhaltsam zu präsentieren, hat durchaus eigenen Reiz.

Annäherung in Romanform

Die Autorin Dorothea Nürnberg nähert sich in ihrem Buch "Sterntänzer“ dem hierzulande anzutreffenden Islam in Romanform. Nürnbergs belletristischer Zugang versammelt - unter anderem - einen türkischen Tänzer und dessen Landsmann, einen Schneider, der zeitweise in den Islamismus abgleitet, eine Wiener Agnostikerin und eine mit den heimischen Rechtspopulisten sympathisierende Kellnerin, einen Irakflüchtling, der als Zeitungskolporteur arbeiten muss sowie den aus Marokko stammenden Anwalt.

Ein Panoptikum von Protagonisten und Weltsichten rund um den Glauben der Muslime stellt Nürnberg dar. Es wundert gar nicht, dass die Autorin da letztendlich die Mystik der Derwische in den Blick nimmt.

Die vielen Gesichter des Islam

Buchpräsentation und Diskussion mit Dorothea Nürnberg (Autorin von "Sterntänzer“)sowie Ednan Aslan (Universität Wien), Otto Friedrich (DIE FURCHE), Zekerija Sejdini (IGGiÖ)

Mittwoch, 2. Mai, 19 Uhr,

Afro-asiatisches Institut Wien,

1090 Wien, Türkenstraße 3

www.aai-wien.at

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