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Vor nun schon etlichen Jahren war es im staatlichen Funk und Fernsehen plötzlich verpönt, das p. t. Publikum mit "Grüß Gott" zu begrüßen. Irgend jemand muss den Leuten erklärt haben, das sei, wenn schon nicht ein klerikal-faschistischer Kampfruf, so doch ein politisches Statement mit religiöser Konnotation, und da der volkseigene Rundfunk ja zur Neutralität verpflichtet sei, habe dort das neutrale "Guten Tag" gesagt zu werden. Dieses ist zwar für viele auch nicht einfach neutral, aber es klingt wenigstens so.

Ich persönlich habe immer zu den "Grüß-Gott"-Grüßern gehört, aus Gründen der Erziehung und Gewohnheit und nationalen Übereinkunft. Es war der übliche Gruß in meiner Umgebung, in der Schule, unter Bekannten, in Geschäften, auf Ämtern, im Radio, im Fernsehen. Als ich bemerkte, dass dieser Gruß keine Selbstverständlichkeit war, sondern von manchen, auch solchen, denen "Adieu" leicht über die Lippen kam, als katholisches oder sonstwie weltanschauliches Bekenntnis verstanden wurde, bin ich dabei erst recht geblieben, weil ich mich nicht von fremden Erwartungen programmieren lassen wollte. Mittlerweile, da es längst keine schwarzen und roten "Reichshälften" mehr gibt, könnte man die Angelegenheit entspannt betrachten, wäre "Grüß Gott" nicht auch ein Indikator des nationalen Selbstverständnisses und als solcher bedrängtes Kulturgut. Die einschlägige Debatte konzentriert sich nämlich ganz auf das übers deutsche Fernsehen eingeschleppte "Tschüss", dabei hat sich zuletzt das ebenfalls aus dem Norden eingesickerte grob unhöfliche "Hallo" als Gruß unter Freunden wie Fremden, schriftlich wie mündlich, epidemisch verbreitet. Vielleicht auch deshalb, weil es einem die Entscheidung zwischen Du und Sie erspart. Am liebsten würde ich, ich gebe es zu, klassisch antworten: "Da Hallo is scho gsturbn."

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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