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Es ist nicht leicht dazuzulernen, wenn man erwachsen ist und ein hohes Amt bekleidet. Wer in der Öffentlichkeit steht, tut sich schwer, seine Ansichten zu ändern und heute gescheiter zu sein als gestern. Politiker und Kirchenmänner sind davon besonders betroffen. Sie fürchten, man würde sie der Unverlässlichkeit zeihen. Daher unterdrücken sie jeden Zweifel an ihren eigenen Auffassungen und hoffen, dass später auf ihren Grabsteinen das Wort "prinzipientreu" in goldenen Lettern eingraviert wird.

Sie vermeiden Meinungsschwankungen, indem sie immer nur an einer Perspektive festhalten. Daraus ergibt sich das probate Mittel, um Herren in hohen Positionen lernfähig zu machen: Man lasse sie für einige Zeit einen anderen Job ausüben, damit sie zum Perspektivenwechsel gezwungen werden. Dem Papst kann man seines Alters wegen kaum noch zumuten, eine Pfarre in einem südamerikanischen Elendsviertel zu übernehmen, um die Motive der Befreiungstheologie kennen zu lernen; aber immerhin könnte er verfügen, dass sich mehrere Bischöfe eine Auszeit in den Slums von Rio de Janeiro nehmen - er ist ja gerade in Brasilien unterwegs.

Doch bleiben wir in Österreich. Wie wäre es, wenn unser Finanzminister vorübergehend den Vorsitz im Eurofighter-Ausschuss übernähme? Wenn der Bundeskanzler ein Seniorenstudium begänne? Wenn der Arbeitsminister gezwungen würde, ein Jahr lang am Bau zu arbeiten oder - weil das für ihn vielleicht zu anstrengend wäre - als Kassierer im Supermarkt? Man könnte auch den Kärntner Landeshauptmann als Botschafter ins benachbarte Slowenien schicken. Eine besonders viel versprechende Job-Rotation wäre unserem Innenminister zu empfehlen. Ich schlage vor, dass er einige Zeit das Außenministerium übernimmt. Er hätte dann von Amts wegen vorwiegend mit Ausländern zu tun, die er nicht abschieben kann.

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