Jubiläum mit Sparprogramm

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Der Kulturkanal 3sat feiert den 25. Geburtstag. Im Hintergrund trüben massive Sparpläne die Feierlaune. Beim ZDF schöpft der „Theaterkanal“ Ressourcen von 3sat ab, ob hierzulande TW1 den Sender bedroht, ist aber noch offen.

Es ist wohl kein Zufall, dass die Gründung von 3sat vor genau 25 Jahren in dasselbe Jahr fiel wie die Einführung des deutschen Privatfernsehens: Seit 1. Jänner 1984 sendete der spätere Kanal Sat.1 in Deutschland, am 1. Dezember 1984 ging 3sat, das gemeinsame Programm von ZDF, ARD, ORF und SRG, on air. Als hätte man schon damals dem beginnenden Programm-Stumpfsinn in der TV-Landschaft bewusst etwas entgegensetzen wollen.

„1984 war das Privatfernsehen noch in seinen Anfängen. Aber ein grundlegender Wandel in der Fernsehlandschaft war vorhersehbar. 3sat hat sich in diesem Wettbewerb gut behauptet. Vor allem, weil 3sat aus dem Repertoire von vier Sendern schöpfen kann“, findet Gottfried Langenstein, Vorsitzender der 3sat-Geschäftsleitung in Mainz.

Der Kulturkanal 3sat hat bis heute sein hohes Niveau gehalten und bildet eine der wenigen werbefreien Oasen anspruchsvollen Fernsehens im deutschsprachigen Raum. Freilich: Mit gerade einmal 1,9 Prozent Marktanteil in Österreich (Deutschland 1,1 Prozent) bleibt man weit hinter der bunten, Superstars suchenden Privatkonkurrenz zurück. Zugleich sind diese aktuellen Marktanteile die höchsten, die 3sat je erreicht hat. Vor fünf Jahren lag der Marktanteil des Senders hierzulande noch bei 1,4 Prozent. Für ORF-Kommunikationschef Pius Strobl richtet sich das Programm „nicht an die Masse, sondern an eine kleine, aber konstante Zielgruppe besonders Interessierter“.

Bewegtbild-Gehirnnahrung

3sat gibt dieser Zielgruppe jene Bewegtbild-Gehirnnahrung, die sie sich wünscht. „Wir wagen das ‚Abenteuer Denken‘ und haben so in den vergangenen Jahren innovative Programmideen entwickelt. Gerade mit unseren Thementagen konnten wir viele Zuschauer gewinnen“, sagt Gottfried Langenstein. Margit Czöppan, Redaktionsleiterin beim ORF für 3sat Österreich, bestätigt diesen Erfolg: „Gerade mit Themenabenden erreichen wir oft das Dreifache unseres durchschnittlichen Marktanteils“.

Doch es ist nicht alles eitel Wonne beim Kulturkanal: Denn pünktlich zum Jubiläum verpasste das ZDF, das federführend bei der 3sat-Programmierung ist, dem Sender eine Mittelkürzung um fast 25 Prozent. Der Grund sind „Strukturmaßnahmen“, die sich besonders in der Zusammenlegung der 3sat-Redaktion mit dem digitalen ZDF-Theaterkanal äußern. Während die einen von Synergienutzung sprechen, bedeutet das für die anderen den Anfang vom Ende des Kulturprogramms. In Zahlen: Das ZDF stellt 3sat für Fremdleistungen bis 2012 nur mehr 74,4 Millionen Euro zur Verfügung, anstatt der ursprünglich geplanten 98,8 Millionen.

Der ORF, der jährlich rund vier Millionen Euro in 3sat investiert und auch sein Archiv zur Verfügung stellt, bestreitet etwa 25 Prozent des Programminhalts. Sehr viel für so wenig Budget. „Es stimmt, dass der ORF im Vergleich zu den anderen 3sat-Partnern budgetär am allerschlechtesten ausgestattet ist“, sagt Margit Czöppan. Sogar die Schweizer SRG hätte mehr Budget, obwohl von dort nur zehn Prozent der Inhalte kämen. „Auch 3sat wurde von den üblichen Sparmaßnahmen im ORF betroffen“, sagt Czöppan. „Aber das sind Einsparungen, die alle betreffen und nicht speziell mit 3sat zu tun haben“. Die Folge: Die 3sat-Redaktion in Wien müsse „extrem sparsam wirtschaften“, so Czöppan. „Manchmal frage ich mich wirklich, wie wir das machen“.

3sat will trotz Budgetkürzungen am gemeinsamen Programm festhalten – und es den Anforderungen der Zukunft anpassen. Gottfried Langenstein: „Seit einigen Jahren stellen wir uns auf den Konkurrenten Internet ein. Wie stelle ich mich als Fernsehunternehmen auf, um auch bei Jüngeren präsent zu bleiben? Wir mussten also bei 3sat umdenken, haben das Programmschema reformiert und setzen es teilweise ganz außer Kraft, um Schwerpunktprogrammierungen möglich zu machen. Damit ist es uns gelungen, kontinuierlich mehr Zuschauer zu gewinnen“.

Außerdem soll das gesamte 3sat-Programm in spätestens zwei Jahren in High Definition ausgestrahlt werden, hört man aus dem ORF.

Synergie, das alte Wort für Sparen

Bleibt noch ein Diskussionspunkt: Seit längerer Zeit debattiert man über den Ausbau des ORF-Spartenkanals TW1 zum Kulturprogramm. Inwieweit dieses Vorhaben auch den 3sat-Betrieb beeinflussen könnte? „Der geplante Spartenkanal beeinflusst 3sat in keiner Weise“, sagt 3sat-Österreich-Chef Reinhard Scolik. „Nicht zuletzt weil wir in 3sat vor allem die Möglichkeit sehen, auf einer sehr gut etablierten Plattform ein internationales Publikum mit österreichischen Inhalten zu erreichen.“

Margit Czöppan kennt derzeit noch keinerlei Pläne, was TW1 betrifft, aber: Dass ein eventueller Kultursender wie TW1 „nicht völlig ohne Auswirkung auf 3sat bleiben würde, liegt auf der Hand“. Welche Auswirkungen das sein könnten, lässt auch 3sat-Österreich-Chef Reinhard Scolik offen – ohne dabei die Zusammenlegung der 3sat- mit der TW1-Redaktion nach deutschem Vorbild zu dementieren: „Zuerst muss man den neuen Sender programmlich konzipieren. Erst in einem zweiten Schritt werden wir über die Organisation nachdenken.“ Und auch Scolik gebraucht jenes Wort, dass im Medienjargon gerne für drastische Sparmaßnahmen benutzt wird: „Synergien“, sagt Scolik, „sind dabei aber sicher möglich.“

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