Jugendstil-Verwandte zu Gast in Wien

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Die Ausstellung "Der Kuss der Sphinx" im BA-CA Kunstforum zeigt Werke des belgischen Symbolismus, die besonders Gustav Klimt prägten.

Nicht unbedingt Mainstream, aber eine wichtige Kunstströmung eines kleinen EU-Landes - das präsentiert das BA-CA-Kunstforum in seiner neuen Ausstellung: den belgischen Symbolismus. In dieser Kunstströmung, die sich ab 1885 in der Literatur und der bildenden Kunst bemerkbar machte und eng mit dem Jugendstil verwandt ist, geht es darum, das verborgene Wesen des Sichtbaren festzuhalten. Trotz zahlreicher Berührungspunkte zwischen der belgischen und der österreichischen Kunst verzichtet die Ausstellung auf eine Gegenüberstellung, sondern präsentiert die belgischen Werke. Neben hierzulande weniger bekannten Künstlern wie William Degouve de Nuncques, Jean Delville, Léon Frédéric, George Minne, Constant Montald, Félicien Rops, Léon Spilliaert u.a. ist der Franzose Odilon Redon vertreten.

Fernand Khnopff

Der größte Saal aber ist dem Hauptvertreter des Symbolismus, Fernand Khnopff, gewidmet, der schon zu Lebzeiten in Wien Furore machte: Nach einer Ausstellung im Künstlerhaus 1895 begeisterte er 1898 auf den ersten Ausstellungen der Wiener Secession. Schon Zeitgenossen wie Hermann Bahr und Karl Kraus unterstrichen seine Bedeutung für Klimt, und nicht zuletzt würdigten die Königlichen Belgischen Museen für Schöne Künste rund um die Europalia 1987, bei der sich Österreich im Vorfeld der Bewerbung um Aufnahme in die EWG in Belgien präsentierte, die Beziehungen zwischen Khnopff und der Wiener Secession in einer Ausstellung.

Auch bei der jetzigen Ausstellung im Kunstforum kommen die meisten Gemälde aus diesem Museum sowie von privaten belgischen Leihgebern. Der Titel nimmt wohl Bezug auf Khnopffs bekanntestes Gemälde, "Liebkosungen", das 1898 in Wien zu sehen war und von einem Wiener Bankier gekauft wurde, aber letztlich doch in Brüssel gelandet ist und leider nicht in der Ausstellung gezeigt wird: Das extrem schmale Querformat zeigt eine leopardenartige Sphinx, die sich an einen Hermaphroditen schmiegt.

Von Khnopff stammt auch das Titelblatt zu Georges Rodenbachs Roman "Bruges-la-Morte" (1892; dt. "Das tote Brügge", 1903), das in der Ausstellung zu sehen ist. In diesem Werk, das in seiner Zeit zu einem Bestseller wurde und lange Zeit das internationale Bild der flämischen Stadt Brügge bestimmte, zieht sich ein Mann nach dem Tod seiner Frau in die verfallene Stadt zurück, die mit ihren mittelalterlichen Bauwerken und ihrer regnerischen Stimmung seinen Geisteszustand spiegelt. Schließlich lernt er eine Doppelgängerin der Verstorbenen kennen, begehrt in ihr jedoch nur das Ebenbild der Toten und erdrosselt sie, als er dieses von ihr entheiligt fühlt. Der Roman inspirierte 1920 noch Erich Wolfgang Korngold zu seiner gleichnamigen Oper. Khnopff hat selbst seine Kindheit und Jugend in Brügge verbracht und die Stadt in der Tradition Rodenbachs mehrmals zum Thema gemacht; es wird erzählt, dass er bei einem späteren Besuch eine dunkle Brille aufsetzte, um die Veränderungen der modernen Zeit nicht wahrnehmen zu müssen.

Reichhaltiger Katalog

Leider erschließen sich diese Bezüge in der Ausstellung allenfalls über den Audioguide. Die Gemälde und Kunstgegenstände werden zwar in verschiedene Kapitel gruppiert, aber nicht erläutert. In gewisser Weise wird die Ausstellung damit aber doch auch den Werken gerecht, die ja auf die Sinneseindrücke abzielen und nicht auf exaktes Wissen.

Der Katalog ist reich bebildert und enthält u.a. einen Beitrag über die Wechselwirkungen zwischen dem belgischen Symbolismus und dem Wiener Jugendstil. Sehr viele Abbildungen sind jedoch nur als Erinnerungshilfe brauchbar, so wenig ähneln die Farben den originalen Tönen (ärgstes Beispiel: Kat.-Nr. 30, eine Landschaft von Khnopff aus dem Belvedere). Irritierend ist auch, dass so getan wird, als wäre Französisch die alleinige Amtssprache Belgiens.

Die Autorin arbeitet an der Universität Wien und unterrichtete viele Jahre Landeskunde Belgiens.

DER KUSS DER SPHINX

Symbolismus in Belgien

BA-CA Kunstforum

Freyung 8, 1010 Wien

www.ba-ca-kunstforum.at

Bis 3. 2. 2008 tägl. 10-19, Fr 10-21h

Katalog hg vom BA-CA Kunstofrum

Ostfildern 2007, 280 S., € 29,-

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