Kärntens Aushängefestival

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Auch in diesem Jahr ist das Programm des „Carinthischen Sommers“ eindrucksvoll und voller Kultur-Highlights: Bruno Ganz rezitiert Gedichte von Rilke, Karl Markovic liest aus Thomas Bernhards „In hora mortis – ein Besuch“.

Am Anfang war der Ort: Es war 1969, als die Einzigartigkeit des malerischen Stiftes direkt am See und der ursprünglich romanisch-gotischen Stiftskirche Helmut Wobisch, den ehemaligen Solotrompeter der Wiener Philharmoniker, inspirierte, hier Festspiele zu gründen. Es war 1974, als man begann, hier Kirchenopern, die zum programmatischen Markenzeichen werden sollten, aufzuführen.

Heute, 2009 ist der Carinthische Sommer, seit 2004 unter der Intendanz des renommierten Komponisten und Organisten Thomas Daniel Schlee, das sommerliche Kärntner Aushängefestival schlechthin. Wobei er neben der Kirchenoper (dieses Jahr: „Passion und Auferstehung“ von Jonathan Harvey – ein Bericht darüber war in der letzten Ausgabe der FURCHE zu lesen) eine Fülle weiterer Veranstaltungen in Ossiach, Villach und anderen Orten bietet.

„O was muß es die Engel gekostet haben, / nicht aufzusingen, plötzlich, wie man aufweint, / da sie doch wußten: in dieser Nacht wird dem Knaben / die Mutter geboren, dem Einem, der bald erscheint.“ So der Beginn von „Geburt Mariä“ aus „Das Marienleben“ von Rainer Maria Rilke, entstanden 1912 im Schloss Duino an der adriatischen Küste, das Paul Hindemith 1922/23 als Liederzyklus vertont hat. Tiefe Versenkungen in Mariens Gefühlswelten, einer einfachen, intensiv empfindenden und erlebenden, vor allem aber: liebenden Frau. Dieses faszinierende Dokument der Erhabenheit wird in der Originalfassung mit seiner ehernen, ursprünglichen Kraft als eines der Highlights in der Stiftskirche aufgeführt werden. Als besonderes Zuckerl wird dabei kein Geringerer als Bruno Ganz, der Träger des Iffland-Ringes, die stimmungsvollen Gedichte rezitieren.

Zeitgemäße Erschütterung

Aber noch ein Preisträger wird erwartet: Karl Markovich, der die Hauptrolle in Stefan Ruzowitzkys mit dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichneten Streifen „Die Fälscher“ spielt, wird in einer Uraufführung zum 20. Todestag von Thomas Bernhard aus „In hora mortis – ein Besuch“ lesen. Hier wird die Erschütterung, die den Menschen trifft, wenn er sich seiner Endlichkeit bewusst wird, auf zeitgemäße Weise aufgegriffen. Flüsternde Stimmen, Stoßgebete und Bernhards Meditationen über das Atmen und den Tod werden hier mit Musik von Helmut Jasbar für Streichquartett und Surround Elektronik vereint werden: „O mein Gott ich weiß nicht mehr / wohin mein Weg mich führt / ich weiß nicht mehr was gut und schlecht ist.“

„Schon als Kind bewegten mich Gedichte. Verwandelte, verwandelnde Worte. Worte mit Macht. Beschwören, zaubern, fluchen, bannen, schwärmen, wüten können Gedichte. Ohne Poesie und Musik würden wir zugrundegehen“, erzählt Anne Bennent. Deshalb wird die bekannte Schauspielerin Gedichte von diversen Autoren u. a. von Ingeborg Bachmann gemeinsam mit Chansons, Rap und Gitarre in der neuen Reihe „cs_alternativ“ vortragen. Die letztes Jahr als Versuch gestartete Reihe, um auch jüngeres Publikum anzulocken, hat so erfolgreich eingeschlagen, dass sie heuer sogar auf acht Abende aufgestockt wurde, worüber sich der Intendant Thomas Daniel Schlee ganz besonders freut: „Es ist großartig, dass auch ältere, treue CS-Besucher von diesen Aufführungen begeistert waren.“

Ein Konzert aus dieser Crossover-Reihe wird an einem ganz besonderen Ort, nämlich dem Domenig Steinhaus (benannt nach seinem Architekten Günther Domenig), in Steindorf am Ossiachersee, im Freien stattfinden: „silent flux“, eine elektro-akustische Komposition vom jungen, äußert begabten Felician Honsig-Erlenburg. Bei dieser Uraufführung geht ein imaginärer, kritischer Mensch auf Entdeckungsreise durch seine Umwelt, die von einem Fluss von Ereignissen und Wirkungen bestimmt ist. Der nicht offensichtlich stille Fluss von Wasser und Energie im täglichen Leben soll als verlockende, verändernde Kraft erscheinen, wobei einzelne Abschnitte visuell umgesetzt werden.

Und dann kann man viele solistische und kammermusikalische Konzerte mit einem auffallend großen Anteil an Zeitgenössischem, drei vergnügliche Serenadenkonzerte, die Musiktheatertagen für Kinder, bei denen eine Märchenoper einstudiert wird, und Orchesterkonzerte u. a. mit dem Concerto Köln und dem Orchestre Philharmonique de Radio France erleben.

www.carinthischersommer.at

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