Kalt-warm für Österreichs Versicherer

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Steigende Leistungszahlungen und die kommende Allfinanzbehörde machen den Assekuranzen Sorgen. Doch die Bilanz der Lebensversicherungen spendet Trost

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Steigende Leistungszahlungen und die kommende Allfinanzbehörde machen den Assekuranzen Sorgen. Doch die Bilanz der Lebensversicherungen spendet Trost

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Wenn es um die Sicherheit von Leib, Leben und Habgut geht, greifen Herr und Frau Österreicher gern und tief in die Tasche: rund 19.800 Prämien-Schilling pro Kopf wanderten im vergangenen Jahr auf die Konten der Assekuranzen. Über 161 Milliarden Schilling spendeten die Österreicher insgesamt für das Gefühl der Sicherheit - um knapp sieben Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Für die 75 heimischen Versicherungsanbieter also Grund genug zur Zufriedenheit, wenngleich die Bilanzen gemischt ausfallen. "Seit einigen Jahren ist die Lebensversicherung der Motor der gesamten Versicherungswirtschaft", weiß Gregor Kozak, Pressesprecher des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs. Mit einem Prämienplus von knapp zwölf Prozent auf 75 Milliarden Schilling hat sich diese Sparte zum Hoffnungsträger der Branche gemausert - zumal der Rat zur privaten Pensionsvorsorge schon lange kein Geheimtipp mehr ist (siehe auch Seite 23).

Sorgenkind Auto Ganz anders sieht die Situation am KFZ-Sektor aus: Zwar kann die gesetzliche Haftpflichtversicherung erstmals seit 1996 mit einem (bescheidenen) Prämienzuwachs von 0,2 Prozent auf eine rosigere Zukunft hoffen, dennoch betrachten die KFZ-Versicherungsanbieter das Jahr 2000 als das schwärzeste seit Jahrzehnten - freilich "nicht auf Grund des Schadensaufkommens, sondern auf Grund des nicht ausreichenden Prämienniveaus", wie Vorstand Norbert Griesmayr von der VAV-Versicherung betont. "Der starke Wettbewerb hat dazu geführt, dass die meisten Anstalten nicht ausreichend tarifiert haben." Trotz widriger Umstände war es dem auf Schaden- und Unfallversicherung konzentrierten Unternehmen gelungen, die Verluste in die Schranken zu weisen. Grund dafür ist ein neuartiges Tarif-System, erklärt Griesmayr: "Wir stellen nicht die Motorleistung in den Vordergrund, sondern die Typenklasse des Autos. Von dieser Autotype schließen wir dann auf den Fahrertyp." Nach Erfahrungswerten in Deutschland habe sich gezeigt, dass Lenker gängiger Fahrzeuge wie Golf, Opel Astra oder Ford Mondeo trotz vielfach höherer Motorleistung weniger oft in Karambolagen verwickelt sind als Fahrer kleinvolumiger Gefährte, etwa eines Seat Ibiza. "Statistisch gesehen wird dieses Fahrzeug eher von jungen, unerfahrenen Lenkern gesteuert und ist bei uns demnach eher teuer." Doch nicht nur routinierte Fahrer, auch Beamte können mit günstigeren Versicherungstarifen rechnen. "Offensichtlich gehen Mitglieder des öffentlichen Dienstes auch im privaten Bereich sorgsamer mit ihren Autos um, fahren im Schnitt langsamer und bedächtiger", weiß Griesmayr. "Nun kann man sagen: Das sind alles Vorurteile. Doch sie schlagen sich in den Statistiken nieder." Ordentlich zu Buche schlagen kann sich indes auch die unliebsame Begegnung mit belgischen PKWs. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Fahrzeuge mit belgischem Kennzeichen, die ohne die vorgeschriebene Haftpflicht-Versicherung europaweit in Unfälle verwickelt sind. Mangelnde Kontrollen und vergleichbar teure Autoversicherungen werden von belgischen Medien als Gründe für die häufigen "Geisterfahrten" genannt.

Um nichts rosiger als im KFZ-Haftpflichtbereich sehen die Prognosen für die Schaden- und Unfallversicherung aus. Auch hier sprechen die heimischen Assekuranzen von einem "Katastrophenjahr 2000". Bereits 82 Prozent der eingegangenen Prämien mussten als Schadenzahlungen geleistet werden. Für ständige Kosten oder gar Gewinn bleibt hier wenig Spielraum. Vor allem das Hagelunwetter vom Juli des vergangenen Jahres hat die Branche mit Zahlungen in Milliardenhöhe belastet. "Es mag zynisch klingen, aber im Vergleich dazu war die Katastrophe von Kaprun ein Marginalschaden", zieht Gregor Kozak vom Versicherungsverband Bilanz.

Schließlich muss sich auch die Krankenversicherung auf härtere Bandagen gefasst machen. Die Ursache für den Umstand, dass die Gesamtleistungen stärker steigen als die Prämieneinnahmen, hat einen Namen: LKF. Seit Einführung des "Leistungsorientierten Krankenanstalten-Finanzierungssystems" ist zwar die Aufenthaltsdauer pro Patient zurückgegangen, die Zahl der Spitalsfälle jedoch ist gestiegen und hat die "eingesparten" Spitalstage mehr als kompensiert. Was die heftig diskutierte Ambulanzgebühr fördern soll, ist auch der Versicherungswirtschaft recht und billig: die Aufwertung des extramuralen Bereichs sowie die Verbesserung der ambulanten Versorgung.

Ungeliebte Allfinanz Nicht nur die stetig wachsenden Zahlungen, auch andere Entwicklungen bereiten den Versicherern Sorgen. Besondere Skepsis wird der von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) geplanten öffentlich-rechtlichen Allfinanzbehörde entgegengebracht. Nach den Plänen Grassers soll eine weisungsfreie Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) ab 1. April 2002 die bisher getrennten Aufsichten über Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Wertpapiere unter einem Dach vereinen. Auch die Österreichische Nationalbank ist eingebunden und darf einen der beiden FMA-Vorstände nominieren. Nachdem die SPÖ "aus mangelnder Synergie" bereits ihre Zustimmung verweigert und die nötige Zweidrittelmehrheit verunmöglicht hat, wird zumindest die Weisungsfreiheit fallen. Kritik üben auch die Versicherer: Schon jetzt zahlen sie 30 Millionen Schilling für ihre Beaufsichtigung. Die neue Behörde würde 400 Millionen Schilling jährlich benötigen. Der Weg der FMA ist jedoch geebnet: Nach der dieswöchigen Präsentation vor dem Ministerrat soll das neue Gesetz noch vor dem Sommer beschlossen werden.

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