„Kann keine Entwarnung geben“

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Gottfried Steindl ist Griechenland-Analyst der Raiffeisen Zentralbank in Wien. Im FURCHE-Interview sieht er trotz Griechenland-Hilfe weiterhin die Gefahr, dass andere europäische Staaten unter finanziellen Druck geraten könnten.

Die Furche: Die EU gibt 110 Milliarden Kredit an Griechenland. War das die ersehnte Rettung?

Gottfried Steindl: Die Entspannung bei den Investoren ist eigentlich gering. Das, obwohl das Paket eigentlich sehr umfangreich ist und auch Risiken für den griechischen Finanzsektor einberechnet. Für Griechenland selbst ist die Gefahr damit fürs Erste zwar gebannt. Das setzt allerdings voraus, dass der Staat sein Sparpaket einhalten kann. Hier scheint jedenfalls die Skepsis der Investoren groß zu sein. Es ist auch die Frage, ob es nicht in 12 bis 24 Monaten trotz allem zu Restrukturierungen kommt, dass also ein Teil der Schulden abgeschrieben werden muss.

Die Furche: Und wie steht es um das Risiko für den Rest der Staatengemeinschaft?

Steindl: Ich kann hier noch keine Entwarnung geben. Denn trotz des Griechenland-Pakets ist eine große Reserviertheit des Marktes bei Staatsanleihen feststellbar. Wenn aber Investoren ausbleiben, kann das auch dazu führen, dass andere Investoren gegen die Bonität zu spekulieren beginnen. Das ist so bei der Schizophrenie der Märkte. Die Frage ist, kann sich Europa noch einmal 110 Milliarden zur Rettung leisten?

Die Furche: Das klingt sehr verhalten. Was könnte Europa tun, um das Vertrauen wieder herzustellen?

Steindl: Positiv ist die Entscheidung der Europäischen Zentralbank zu bewerten, die entgegen ihren sonstigen Geschäftsbedingungen griechische Anleihen als Sicherheit für kurzfristige Kredite an Banken akzeptiert. Damit werden nicht jene Geldinstitute bestraft, die griechische Anleihen gekauft haben und vielleicht auch wieder kaufen werden.

Die Furche: Wie hoch ist die Chance, dass Griechenland die Kredite zurückzahlen kann?

Steindl: Zunächst einmal war es wichtig, dass die Kredite überhaupt zugesagt wurden. Hätte man nicht geholfen, wäre vermutlich das gesamte Investment europäischer Banken abzuschreiben gewesen und einige hätten dann wieder staatliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Mit der jetzt getroffenen Regelung ist die Wahrscheinlichkeit jedenfalls sehr viel höher, dass die Gläubiger ihr Geld auch wiedersehen.

Die Furche: Was muss passieren, dass das Vertrauen der Investoren wiederkehrt?

Steindl: Derzeit ist der Kapitalmarkt für Griechenland tot. Erst wenn die Investoren sehen, dass die Sparpläne greifen und sich die Staatsfinanzen erholen, werden sie zurückkehren. (tan)

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