Werbung
Werbung
Werbung

Ruth Drexel inszenierte bei den Tiroler Volksschauspielen Telfs "Die Makrele" des US-Dramatikers Israel Horovitz.

Die Lemons leben an der sonnigen Küste von Massachusetts, aber auf der Schattenseite des American Way of Life. Gott selbst, meint Ed Lemon, hat ihn an diesen Ort geschickt, damit er fische. Aber Ed ist, wie seine Frau Emma sagt, "ein Fischer ohne Boot, ohne Angel, ohne Schnur, ohne Haken und logisch ohne Fisch".

Als im Morgengrauen ein Hurrican das Haus erschüttert, beten die Lemons um ein besseres Überleben: Der opportunistische, feige Ed, der sich fremde Leistungen anmaßt, aber beim geringsten Problem tot stellt; Mutter Emma, passiv und keifend; Tochter Eileen mit dem ironischen Selbstverständnis der Nutte, weil sie das bisschen Einkommen der Familie verdient; Tochter Edna, Ausbund an Angst und Verzweiflung. Da kriegen sie einen überdimensionalen Fisch ins Wohnzimmer geschwemmt.

Fisch im Wohnzimmer ...

Ruth Drexel inszenierte nun "Die Makrele" für die Tiroler Volksschauspiele Telfs und es gilt, den Autor zu entdecken. Israel Horovitz, 66, ist ein produktiver us-Dramatiker, dessen Stücke in mehr als 30 Sprachen übersetzt worden sind. Frankreich liebt sein Theater, die deutschsprachigen Länder haben es bislang kaum wahrgenommen.

Drexels Fantasie hat Horovitz entzündet. Die Geschichte von der unstillbaren Gier der Familie, die durch den Riesenfisch reich wird, auch dann noch, als er längst vergiftet ist, wird nur noch durch die Realität übertroffen, und das legitimiert die Regisseurin, das Stück bis zum Klamauk auszureizen. Das böse Gleichnis läuft mit Tricks und Tempo ab wie eine amerikanische Comedy-Serie, und die Figuren suhlen sich in ihrem Mangel an Selbsteinschätzung und ihrem Überfluss an Unersättlichkeit - absurd bis zur Kenntlichkeit. Doch Drexel wäre nicht Drexel, wüsste sie den Wirbel nicht wieder zurückzuschrauben und den bösen, den stillen, den un- und urmenschlichen Momenten Raum zu geben.

Der Fisch, den man zuvor noch mit dem Gartenschlauch feucht gehalten hat, wird in Stücke zerteilt und verpackt. Der Boden ist schwarz vor toten Fliegen und die Katze des Nachbarn, die naschte, mutierte vor ihrem letzten Fauchen zum Tiger. Sie ist eben nicht bekömmlich, die Makrele. Die halbe Welt haben die Lemons ausgerottet, die andere Hälfte steht drohend vor der Tür, aber die Lemons sind größer denn je. Und Edna hat gelernt, ihre Angst in Egoismus umzuwandeln.

... wird personalisiert

Ruth Drexels Kunstgriff besteht darin, die Makrele zu personalisieren. Der Fischmann (Gerhard Kasal) stellt sich aus dem Kühlschrank kullernd vor, schlüpft in die Nebenrollen, stöhnt aus dem Fischbauch und schaut aus dem Auge den Lemons zu, die es immer gewissenloser, immer sinnloser treiben. Doch ob Vorsehung oder Schicksal, sie erkennen ihn nicht als treibende Kraft.

In Karl-Heinz-Stecks klarem Bühnenbild samt Prachtfisch agieren Lorenz Gutmann (Ed), Andrea Wildner (Emma), Cilli Drexel (Eileen) und Barbara Bauer (Edna), jeder vorzüglich und differenziert, als eingeschworenes Ensemble.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung