Kaum Spielraum für Wasserexport

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Österreich nutzt derzeit nur drei Prozent seiner Wasserreserven. Aus Gründen der Nachhaltigkeit besteht aber wenig Spielraum für Exporte im großen Stil.

Schätzungen gehen davon aus, dass rund eine halbe Milliarde Menschen in 26 Ländern der Welt von akuter Wasserknappheit betroffen ist. Der große Wasserverbraucher ist insbesondere die Nahrungsmittelproduktion in jenen Regionen, die in Bezug auf Wasser als kritisch zu bezeichnen sind und deren Bevölkerung stark wächst. In südlichen Ländern muss daher der überwiegende Teil der Wasserentnahmen für die landwirtschaftliche Bewässerung verwendet werden, sodass davon auszugehen ist, dass 70 Prozent der weltweiten Wasserentnahmen der lebensnotwendigen Nahrungsmittelproduktion dienen.

In Österreich werden pro Jahr 2,25 Milliarden Kubikmeter Wasser dem Kreislauf kurzfristig entnommen, um es für die Versorgung der Bevölkerung (35 Prozent), von Industrie und Gewerbe (60 Prozent) und der Landwirtschaft (5 Prozent) zu gebrauchen. Zu einem großen Teil wird dieses Wasser wieder in den Kreislauf zurückgeführt.

Vor einigen Jahren wurde eine Überschlagsrechnung durchgeführt, die diese jährliche Wassergewinnung mit dem gesamten Wasserdargebot Österreichs von 84 Milliarden Kubikmetern pro Jahr in Beziehung setzte. Das Resultat: Derzeit werden etwa drei Prozent der österreichischen Wasserreserven benutzt.

Der von mancher Seite getätigte Umkehrschluss, dass dann wohl noch 97 Prozent des Wasserdargebotes zur Disposition stünden und mehrere 100 Millionen Europäer aus österreichischem Wasser versorgt werden könnten, ist jedoch grundlegend unrichtig:

* Ein überwiegender Teil der österreichischen Wasserressourcen muss dem natürlichen Abflussgeschehen der Gewässer erhalten bleiben, um deren ökologische Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Diese ist gleichermaßen Anliegen des österreichischen Wasserrechtsgesetzes, wie auch der eu-Wasserrahmenrichtlinie.

* Die österreichischen Gewässer unterliegen vielfältigen Nutzungen, unter anderem dienen sie als Triebwasser für Wasserkraftanlagen, Mühlen, Sägewerke. Alle diese Nutzungen sind durch wasserrechtliche Konsense abgesichert. Maßgebliche Wasserentnahmen könnten Ersatzzahlungen für die flussabwärts eintretenden Einschränkungen dieser Nutzungen nach sich ziehen.

Österreich kann daher mit seiner Technologie, sicher jedoch nicht mit seinen Wasserressourcen einen Beitrag zur Linderung des Wassermangels in der Welt leisten. Wasser ist zudem teuer im Transport. Auch der Qualitätsfaktor österreichischen Wassers kann nach langem Transport über weite Strecken als Massengut (Pipeline, Tanker) nicht mehr ins Treffen geführt werden.

Um der mit großer Emotion laufenden Diskussion abgesicherte Fakten zugrundezulegen und sie damit zu versachlichen, gab das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bei der Forschungsgesellschaft "Joanneum-Research" in Graz eine Studie in Auftrag, für den speziell interessan-ten alpinen Raum das nachhaltig nutzbare Quellwasserdargebot unter Berücksichtigung des derzeitigen Verbrauches und des künftigen Mehrverbrauchs Österreichs zu ermitteln.

Die Studie geht von der Definition der "verfügbaren Grundwasserressource" der eu-Wasserrahmenrichtlinie und den Grundsätzen der Nachhaltigkeit aus. Grundlage ist die langfristige mittlere jährliche Neubildung des Grundwassers, von der jener jährliche Abfluss abzuziehen ist, der erforderlich ist, um die ökologischen Qualitätsziele für die Oberflächengewässer und der mit ihnen in Verbindung stehenden Landökosystem zu gewährleisten. Dabei sollen die natürlichen Schwankungen im Abflussgeschehen erhalten bleiben und keine Zustände bewirkt werden, die nicht auch in der Natur auftreten.

Porengrundwasservorkommen innerhalb des Projektgebietes, vor allem aber außerhalb des alpinen Raumes, sind von der Studie nicht erfasst, da hier eine regionalisierte Methode nicht anwendbar ist. Die Speisung der Porengrundwasservorkommen erfolgt zum Teil durch Grundwasserneubildung aus Niederschlägen, zum Teil durch unterirdische Infiltration von Quellwasser und aus der wechselseitig wirksamen Verbindung mit Oberflächengewässern.

Nachhaltig nutzen

Durch Wasserentnahmen in der Nähe von Oberflächengewässern kann der Vorgang der Infiltration in das Grundwasser massiv gesteigert werden. Wenngleich dieser Bereich in der Studie nicht untersucht ist, stellt er eine ganz wichtige zusätzliche Wasserreserve für Österreich dar, aus der 70 Prozent der gesamten österreichischen Grundwasser- und 50 Prozent der Trinkwasserentnahmen erfolgen.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass 38 Prozent des mittleren Jahresniederschlages im Projektgebiet der Grundwasserneubildung zugute kommen, das sind 25,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

Das ökologisch nutzbare Quellwasserdargebot stellt jenen Teil der Grundwasserneubildung dar, der bei konstanter Entnahme ökologisch ohne Schädigung der Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern nutzbar ist. Es beträgt im Normaljahr 4,7 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

Aus diesem Anteil müssen die derzeitigen Wassernutzungen - soweit sie aus Quellwasser stammen - im Ausmaß von 0,45 Milliarden Kubikmeter pro Jahr ebenso abgedeckt werden wie der zusätzliche künftige Wasserbedarf aus dem Projektgebiet, der weitere 0,15 Mrd Kubikmeter pro Jahr ausmacht.

Damit können für das Quellwasserdargebot im alpinen Raum Österreichs folgende Aussagen getroffen werden:

* Aus dem Projektgebiet werden derzeit aus Karst- und Kluftgrundwasser rund 30 Prozent der österreichischen Grundwasserentnahmen (Trinkwasserversorgung, Industrie, Landwirtschaft) getätigt, jedoch mehr als 50 Prozent des Bedarfs der Trinkwasserversorgung gedeckt.

* Der aktuelle und der prognostizierte zukünftige Wasserbedarf, der aus dem Projektgebiet zu bedecken ist, beträgt nur 1,8 beziehungsweise 2,3 Prozent der mittleren Grundwasserneubildung in dem Gebiet. Der geringe Ausnutzungsgrad der Wasserressourcen hat sich damit bestätigt.

* Die künftige Entwicklung des innerösterreichischen Bedarfes ist auch unter ökologischen Gesichtspunkten jedenfalls abdeckbar.

* In Normaljahren steht eine Wassermenge von knapp über vier Milliarden Kubikmeter pro Jahr (130.000 Liter pro Sekunde) aus alpinen Festgesteinsvorkommen - über den künftigen Bedarf hinaus - für anderweitige Nutzungen zur Verfügung. Das ist fast die sechsfache Menge der derzeitigen Wassergewinnung für die Trinkwasserversorgung in Österreich.

* Selbst in Trockenjahren - die als Ausnahmesituation anzusehen sind - stellt das nachhaltig nutzbare, also für anderweitige Nutzungen frei verfügbare, Quellwasserdargebot mit 0,65 Milliarden Kubikmeter pro Jahr noch immer eine Größenordnung dar, die der Menge der Wasserversorgung im gesamten Bundesgebiet entspricht.

* Bei Wassernutzung in der Dimension des Normaljahres sind für die Bewältigung von Trockenjahren die entsprechenden Vorsorgen durch Speichermaßnahmen und/oder Verbund mit der Nutzung von Porengrundwasservorkommen zu treffen.

* Bei konkreten Wasserentnahmen sind diese Aspekte im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung zu berücksichtigen. Für die konkrete Bemessung sind sachverständige Einzelfallbeurteilungen erforderlich.

Ein eventueller Wasserverkauf ist also aufgrund der Rahmenbedingungen sicher keine unerschöpfliche Geldquelle, sondern - wenn überhaupt - ein mühsames Geschäft in kleinem Rahmen.

Hingegen ist und bleibt grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Wasserbereich nichts Ungewöhnliches. Die Wasserversorgung des süddeutschen Raumes aus dem Bodensee ist hiefür ein Beispiel, das bereits Tradition hat. Die Dimensionen, in denen Wasser - für welche Nutzungen immer - unter Berücksichtigung der Ökologie zur Verfügung steht, ist mit der erwähnten Studie in einem Maße festgelegt worden, das überzogene ökonomische Hoffnungen, aber auch Sorgen um die Lebensgrundlagen zurechtrücken sollte.

Ausführlicheres zum Thema:

abschätzung des nachhaltig nutzbaren quellwasserdargebotes im alpinen raum österreichs. Von H. Zojer; Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien 2001.

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