Werbung
Werbung
Werbung

Ein Bravo der Wiener "Gruppe 80" für Thomas Bernhards "Am Ziel".

Ein riesiger Koffer, geordnet aufgelegte Kleidung, die alsbald im Koffer verstaut und später - "Am Ziel", wie der Titel des Stückes lautet - wieder ausgepackt wird. In einem Zimmer mit kahlen Wänden, an einer davon thront die Hausherrin und Mutter mit einem Fußschemel, rollt der erste Teil jenes Dramas von Thomas Bernhard ab, das Helmut Wiesner für die Wiener "Gruppe 80" neu inszeniert hat.

"Am Ziel", 1981 nach "Über allen Wipfeln ist Ruh" entstanden, spielt in den Niederlanden, wo Bernhard 1931 geboren wurde. Es ist im Grunde ein langer Monolog einer Frau, die ihren Mann seines Besitzes wegen geheiratet hat, längst verwitwet ist und ihre erwachsene Tochter zu ihrer Leibeigenen erzogen hat: "Denke nicht an Entkommen, ich gebe dich niemals frei." Zur alljährlichen Reise ans Meer lädt die dem Alkohol zugetane Mutter einen jungen Dramatiker ein. Dass dessen Erfolgsstück "Rette sich, wer kann!" heißt, sagt auch alles über das Thema dieses Stückes: Ausweglosigkeit. "Am Ziel" ist man im Grunde nie, bei jedem Einpacken denkt man schon wieder ans Auspacken und umgekehrt.

So undramatisch das Geschehen ist, so pointiert und typisch für ihn sind viele der Sätze, die Thomas Bernhard der Hauptfigur in den Mund legt, sei es über die Macht der Handwerker und Arbeiter, über "die Perversität des Theaterpublikums", über das Scheitern aller schriftstellerischen Versuche, die Gesellschaft zu ändern, oder über die Unlust, Architekt zu werden: "Man hat viel mit dem Staat zu tun, das deprimiert."

Helga Illich bietet als dominante Mutter, die andere kaum zu Wort kommen lässt, eine fulminante Leistung. Gabriela Hütter trifft die vorwiegend devote, nur manchmal Eigenwilligkeit hervorkehrende Tochter hervorragend. Peter Strauss spielt einen überraschend angepassten Dramatiker, dessen Handkuss bei der Mutter nur deshalb scheitert, weil diese meint, man sei ja nicht "in Österreich". Nun, hierzulande ist man dank Helmut Wiesners sorgfältiger Inszenierung um eine wertvolle Bernhard-Erfahrung reicher. Viel Applaus und Bravorufe vom Premierenpublikum.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung