Keine Kugel für Mozart

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Das Vergabe-Verfahren zum Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg erhitzt die Gemüter.

Juristische Winkelzüge, Fachgutachten, Ungereimtheiten und Intransparenz prägen das Vergabeverfahren zum Umbau des kleinen Festspielhauses in Salzburg. Gebaut wird der Entwurf von Wilhelm Holzbauer und Subunternehmer Francois Valentiny. Wie das zustande kam, ist einzigartig. Kürzlich fand im Architektur Zentrum Wien eine Podiumsdiskussion statt, das Festspielkuratorium folgte der Einladung dazu nicht. Es sei nicht sein Anliegen, an "einer Art Tribunal mitzuwirken".

Die IG Architektur versuchte, die Chronologie der Ereignisse zu rekonstruieren. Die Schau gastiert nun in Wien. Fast 100 Seiten brisantes Material werfen Licht auf einen wendungsreichen Verfahrensverlauf. Auf Schriftstücke der Festspiele musste man verzichten. Pläne von Bétrix&Consolascio, Domenig/Eisenköck/Lorenz und Wimmer/Zaic sind zu sehen. Das Siegerprojekt von Holzbauer/ Valentiny fehlt.

"Wir haben den Eindruck, dass die IG Architektur uns nicht die Chance zur objektiven Darstellung geben will und hofft, per Kampagne doch einen Architektenwettbewerb durchzusetzen", so Festspielintendant Peter Ruzicka zur Furche. "Es geht nicht um ein Siegesprojekt, sondern die Entwicklung eines Lösungsvorschlages. Wenn alle Betriebserfordernisse entwickelt sind, wird präsentiert."

Am Podium reflektierten Architekturkritiker Norbert Mayr, Standard-Journalistin Ute Woltron sowie die am Verfahren beteiligten Architekten Eraldo Consolascio, Norbert Wimmer und Jörg Friedrich die Causa. "Für mich ist das ein Wendepunkt im Wettbewerbswesen", so Ute Woltron, von zwei Jahren unermüdlicher Recherche frustriert: "Das Verfahren konnte nie transparent gemacht werden."

Wie ein Damoklesschwert hängt das Mozartjahr über Salzburg: 2006 soll die extrem schmale, langgestreckte, akustisch unbefriedigende "Schachtel" zum "Haus für Mozart" umgebaut sein. Die Ausschreibung basierte auf Angaben von Lokalmatador Holzbauer, der schon 1986 einen Entwurf vorgelegt hatte: 19 Meter Raumbreite, Holzmeister-Mauer und Fassade mussten bleiben. Statt eines EU-weiten Architektenwettbewerbs lud das Festspielkuratorium fünf Teams zum Verhandlungsverfahren. "Das hat den Vorteil, dass der Bauherr in jeder Projektphase die tatsächlichen Erfordernisse aktuell definieren kann", so Ruzicka. Davon wurde reichlich Gebrauch gemacht.

Im ersten Durchgang empfahl die Bewertungskommission mit 9:0 Stimmen das Projekt der Arge Hermann/Valentiny/Wimmer/Zaic. Holzmeister focht das an. Zeit verstrich, Aktenberge wuchsen, Valentiny wechselte die Front. Ende August reichte er mit Holzbauer ein Projekt ein. Wieder holten andere den Bewertungslorbeer: die Schweizer Bétrix&Consolatio. "Wir dachten, jetzt kann nichts mehr passieren", sagt Eraldo Consolatio. Er irrte. Statiker und Straßenplaner Wilhelm Spirk erstellte ein Privatgutachten, das zur Vorrückung von Holzbauer/Valentiny führte. Kuratoriumsmitglied Armin Fehle warf das Handtuch.

"Die architektonische Diskussion spielte keine Rolle. Alles war sehr undurchschaubar. So ein abstruses Verfahren hatten wir in 20 Jahren Berufslaufbahn nicht", meint Jörg Friedrich. Auch Gerhard Garstenauer, Doyen der Salzburger Architektenszene, ist empört: "Es ist himmelschreiend, wie hier Korruption betrieben wird. Permanent will man Wilhelm Holzbauer den versprochenen Auftrag zuschanzen. Die Ausschreibung war völlig verfehlt, zu den Vorgaben kann kein guter Raum entstehen. Es geht nicht um Architektur, sondern um Recht, Macht, Geld, Termine. Statt einem Idealtheater für Mozart wird ein Allerweltstheater durchgeboxt."

Garstenauer stellte einen Eigenentwurf zur Diskussion, der das Potenzial des Kleinen Festspielhauses zeigt. Er ging vom optimalen Sehen und Hören im Inneren aus. Dreieckselemente schaffen einen eiförmigen Raum mit kristalliner Struktur. Dieses Netzwerk garantiert optimale Akustik. Die Konstruktion formt den Theaterraum wie einen facettiert geschliffenen Edelstein. Die Zuschauerplätze ragen auf schrägen, geneigten Ebenen ins Raumoval. Das kleinteilige Raumnetz ist variabel dimensionierbar. Bei 1.400 Sitzen würde der Kristall von innen die Außenmauer durchdringen. Bei Salzburger Bedingungen eine reine Utopie. Die traurige Realität ist im Architektur Zentrum dokumentiert.

Umbau des Kleinen Festspielhauses

Öffentlichmachung der Projekte und des Verfahrens

Architektur Zentrum Wien

1070 Wien, Museumsplatz 1

Bis 9. Februar. Tägl. 10-19 Uhr

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