Keine "starke" Kirche mehr?

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Ältere klagen, das Konzil habe ihnen die liebgewordene Kirche genommen. Früher war sie einflussreich nach außen, feierte eine traditionsreiche Liturgie, grenzte sich selbstbewusst von anderen Kirchen und Religionen ab und war Autorität schon auf Grund ihrer "göttlichen" Sendung. Eine so starke Kirche gab Halt. Aber heute?

Auch ich habe in meiner Jugend eine andere Kirche erlebt. Ich bewunderte mutige Priester in der Nazizeit, machte den Aufschwung in den 50er Jahren mit und wurde aus Stolz auf diese Kirche Priester. Und doch bin ich glücklich, dass die Kirche durch das Konzil anders geworden ist. Denn nur so kann sie sich der ganz neuen Herausforderung einer pluralen Gesellschaft stellen.

Christen können und wollen jetzt zusammen mit Juden und Muslimen in einer Gott vergessenden Gesellschaft das Andenken an ihn wach halten. Christliche Kirchen verkünden darüber hinaus einen Gott, der uns in Jesus Christus menschlich nahe gekommen ist und machen dies durch soziales Engagement, durch Initiativen für Frieden und Versöhnung weit über den kirchlichen Raum weltweit erlebbar. Statt sich weiterhin abzugrenzen, weiß sich die katholische Kirche nun verpflichtet, gemeinsam mit den anderen christlichen Kirchen vorzuleben, dass Christus verbindet und nie trennen darf.

Die Kirche meiner Jugend war versucht, aus ihrer Machtstellung heraus zu herrschen. Die Kirche nach dem Konzil weiß, dass sie zu dienen hat, aber im Bewusstsein, der Welt Hilfen anbieten zu können, die rein menschliche Anstrengungen weit übersteigen. Und ihre Lehre bekommt heute Autorität aus der Kraft des Argumentes, durch eine Liturgie, die "lebensverändernd" wirkt und durch das Zeugnis ihres Lebens. Die Kirche ist anders geworden. Sie sollte es noch deutlicher werden.

Weihbischof Krätzl erlebte das II. Vatikanum als Konzilsstenograf.

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