"Keine Zeit verschwenden"

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Andreas Oschlies arbeitet am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und koordiniert das Schwerpunktprogramm "Climate Engineering" der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die FURCHE bat ihn um eine Einschätzung von Maßnahmen zur Klima-Manipulation.

DIE FURCHE: Wie schlimm ist es heute wirklich um das Weltklima bestellt?

Andreas Oschlies: Wenn wir den CO2-Ausstoß nicht sehr deutlich reduzieren, erwarten wir bis zum Ende des Jahrhunderts eine Erwärmung von mehreren Grad. Das entspricht einem komplett anderen Klima, als wir es heute kennen. Zum Vergleich: In der Eiszeit war es im globalen Mittel nur etwa 4 Grad kälter.

DIE FURCHE: Wer sollte bei der Bewertung von "Climate Engineering" beteiligt sein?

Oschlies: Zur Entwicklung von Bewertungskriterien sind Naturwissenschaftler ebenso wie Sozial-und Politikwissenschaftler, Juristen und Ethiker gefordert. Die Bewertung selber muss dann auf einer möglichst breiten -globalen -Basis in der Gesellschaft passieren. Ich sehe es als Aufgabe der Wissenschaft, öffentlich transparent zu forschen und eine informierte öffentliche Debatte zu unterstützen.

DIE FURCHE: Mit welchen Feldexperimenten zum "Climate Engineering" ist demnächst zu rechnen?

Oschlies: Es gibt Ideen zu Experimenten, mit denen das Einbringen von Aerosolen in die hohe Atmosphäre untersucht werden soll. Ín einigen Ländern gibt es Arbeitsgruppen, die an der Umsetzung diverser Verfahren arbeiten, etwa in den USA, Großbritannien, China und Russland. Und es gibt Überlegungen, ein Experiment zur Kühlung der Arktis vorzubereiten. Für solche Experimente, in der möglicherweise große Teile der Erdbevölkerung Testpersonen wären, gibt es bisher keine ausreichenden Regulierungen, Genehmigungs-oder Überwachungsverfahren. Zur Vermeidung von Risiken sollte jetzt über die Entwicklung von international verbindlichen Regelungen nachgedacht werden. Hierfür wäre Europa als Vorreiter besonders prädestiniert.

DIE FURCHE: Welche Rolle spielt "Climate Engineering" in der aktuellen politischen Diskussion?

Oschlies: Einige Akteure nutzen den Verweis auf "Climate Engineering", um den Druck aus der Emissionsvermeidung herauszunehmen. Im Interesse einer effektiven Klimapolitik ist es wichtig, genau zu klären, inwieweit "Climate Engineering" tatsächlich eine Option darstellt, damit der Handlungsspielraum klar ist und weder Zeit noch Ressourcen für eine Lösung des Klimaproblems verschwendet werden.

DIE FURCHE: Was würden Sie den politischen Entscheidungsträgern derzeit raten?

Oschlies: Bisher sehe ich keine "Climate Engineering"-Variante, die uns in einer Welt mit weiter steigenden CO2-Emissionen wirklich helfen könnte. Ich kann nur raten, primär auf CO2-Vermeidung zu setzen und sich in keiner Weise auf "Climate Engineering" zu verlassen.

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