Kinder mit Gespür für Werte

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Erich Kästners "Pünktchen und Anton" dürfte der Kindertheater-Renner der Saison werden.

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Erich Kästners "Pünktchen und Anton" dürfte der Kindertheater-Renner der Saison werden.

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Das war klass", rief ein kleiner Bub, als der "nichtendenwollende" Applaus im Wiener Akademietheater schließlich doch abflaute. Erich Kästners "Pünktchen und Anton" verspricht der Kindertheater-Renner der Saison zu werden. Was ist diese Luise alias Pünktchen mit ihrer Geradlinigkeit und ihrer "Schnauze" - samt köstlichen Wortkreationen wie "verwahrlaust" - doch für eine umwerfende Berliner Göre. Klaus Klusenbergs flotte Inszenierung in einem grandiosen praktisch-stimmungsvollen Bühnenbild von Günter Hellweg und trefflichen Kostümen von Adrienne Zeidler fände in Pünktchens Diktion sicher die Bewertung "mitreizend".

Schon das später von den Nazis geächtete Buch von 1931 war ja ein Welterfolg: Pünktchen, die Tochter des reichen Strumpffabrikanten Pogge, und der arme Schüler Anton, der für sich und seine kranke Mutter den Lebensunterhalt auftreiben muß, schließen Freundschaft und geraten in einen richtigen Kriminalfall. Kästners Botschaft, daß Eltern auf der Jagd nach Geld und Vergnügen ihre Kinder nicht vernachlässigen sollen, daß Kinder oft mehr Gespür für echte Werte besitzen, ist aktuell geblieben. Das Stück hat viele starke Szenen: Vor allem Pünktchens Traum, in dem die Erwachsenen als ungelehrige Schüler auftreten, oder das Ausschalten des Einbrechers Robert mittels Bratpfanne durch die dicke Köchin Berta und der folgende Auftritt dreier dümmlicher Polizisten verfehlen ihre Wirkung auf das junge Publikum nicht.

Die Schauspieler sind sichtlich mit Lust bei der Sache. Sie dürfen, weil es das Kindertheater geradezu verlangt, einmal nach Herzenslust outrieren. Weder Anja Kirchlechner als munteres Pünktchen, noch Brigitta Furgler als zwischen Shopping, Migräne und Society-Verpflichtungen pendelnde Frau Pogge, Ulli Fessl als resolute Berta, Julia von Sell als dem Alkohol zugetanes Kindermädchen oder Karl Menrad als Bösewicht aus dem Bilderbuch legen sich besondere Zurückhaltung auf. Schon gar nicht Alexander Rossi, Boris Jacoby und Stefan Wieland als Polizisten. Mindestens ebenso gut sind aber Steffen Schroeder (Anton), Edd Stavjanik (Herr Pogge), Blanka Modra (Frau Gast), Hans-Dieter Knebel (Lehrer Bremser) und Alexander Strömer (Gottfried Klepperbein) in ihren weniger Komik bietenden Rollen.

Besonderes Lob gebührt den von Otmar Klein angeführten Musikern, die für jede Szene mit unheimlicher Präzision jeweils die richtige Instrumentierung und den richtigen Ton finden. Wer Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren hat, sollte diese Aufführung nicht versäumen.

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