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Theater, Workshops und Museumsführungen für Kinder sind mittlerweile Standard, das Angebot wächst. Doch wie Kinderkultur aussehen soll, daran scheiden sich noch immer die Geister.

Anders als noch vor vielleicht zwanzig Jahren, als für kleine und junge Menschen neben den Musikschulen in Wien hauptsächlich das Urania-Kasperltheater und die Schulen für Kultur zuständig waren, hat sich das Angebot für diese lange Zeit übergangene Altersgruppe deutlich verbreitert. Das ist die eine, die positive Seite. Die andere: In der Kulturberichterstattung finden sich ausführliche Kritiken kaum wieder, ja es scheint, als ob Kinderkultur, trotz jahrelangem Boom, noch immer sehr verhalten, sprich: sehr gedämpft wahrgenommen wird. Oder wie es der Direktor des Dschungel Wien, Stephan Rabl, formuliert: "Kultur für die Drei- bis Dreizehnährigen wird noch immer oft nach bildungsbürgerlichen Nachwuchskader-Kategorien betrachtet. Kaum, dass es aber um das Jetzt geht."

Kinderkultur im Schatten

Auch andere Zumutungen an das junge Publikum sind ihm ein Dorn im Auge. Bereits bei den ersten Planungen des "Dschungel", der Anfang Oktober in seine zweite Spielsaison startet, tauchten Fragen auf, ob man damit nicht dem etablierten "Theater der Jugend" Konkurrenz mache. Gegenfrage: Im Erwachsenen-Bereich rittern jeden Abend zig Bühnen um die Gunst des Publikums. "Und jeder findet das völlig in Ordnung", betont Rabl. Dazu kommt noch: Künstler, die für und mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, umgibt hierzulande immer noch der Geruch des Scheiterns. Gleichsam nach dem Motto: Für eine "richtige" Theaterkarriere hat es wohl nicht gereicht; oder für eine richtige Maler- bzw. Schriftsteller-Karriere. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sich viel zu selten junge Absolventen des Schauspiel-Konservatoriums auf den Bühnen für junge Leute wiederfinden. Anderswo, etwa in den Niederlanden oder in Belgien, ist das nicht so.

Ob Landesausstellungen oder Kinderfilm-Festivals: Die Kinderkultur muss auch heute noch oftmals ohne nachhaltige Strukturen und verlässliche Absicherungen auskommen. Nur ein Beispiel: Rabls Initiative zur Schaffung eines österreichweiten Spielstätten-Netzwerkes kam bislang über erste Besprechungen mit dem Bund nicht hinaus.

Man muss ins Detail gehen, um das Problem zu erkennen: Gibt es für ambitioniertes, auch technisch gut ausgestattetes Theater für junges Publikum keine adäquaten Spielorte, ist eine Grundvoraussetzung, damit gute Stücke auf Tour gehen können und somit auch wieder billiger werden, schlichtweg nicht vorhanden. Fazit: Die tourenden Stücke müssen gewöhnlich mit einem Minimum an technischem Equipment auskommen. Erst in der Gegenüberstellung zwischen dem, was sich Erwachsene an Qualitätsstandards allabendlich in den Theaterhäusern des Landes erwarten dürfen, und dem, was in den Turnsälen Österreichs jungen Leuten geboten wird, wird diese Diskrepanz bemerkbar. Könnte man sich solch' erzwungenen Technik-Minimalismus an der Wiener und Grazer Oper oder im Linzer Landestheater vorstellen?

Keine gesicherten Budgets

Ein anderes Beispiel, diesmal aus der Kunstvermittlung: Markus Schön arbeitet als Kunstvermittler im Leopoldmuseum und im Liechtenstein-Museum. Auch er, der sich seit Jahren zusammen mit rund zehn weiteren Kolleginnen und Kollegen um anregende Kunstvermittlung bemüht, bekommt die Grenzen des Möglichen immer wieder aufgezeigt. Sein Resümee nach vier Jahren Engagement bei Kinder-Führungen und tagelangen Workshops: "Man muss intern immer noch kämpfen." Als freie Dienstnehmer positioniert, sind die Vorzeige-Vermittler meistens das schwächste Glied in musealen Institutionen. Gesicherte Budgets, mit denen man verlässlich planen kann, gibt es nicht. Wenn Schulklassen aus fadenscheinigen Kostengründen nicht mehr aufgeteilt oder eigens erarbeitete Konzepte nicht honoriert werden, dann wird der Duldungscharakter von Kinderangeboten deutlich. "Wobei", so der 32-Jährige, "gerade die Museen angesichts gestrichener Stunden im Bereich der schulischen Bildnerischen Erziehung als Kompensations-Orte angesehen werden könnten." Doch dafür müsste sich die Einstellung der Verantwortlichen wohl noch grundlegender ändern. Noch immer herrscht hier gar nicht so selten die Meinung vor, dass Kinder speziell in Kunst-Museen nicht wirklich etwas zu suchen haben.

Das Kindermuseum ZOOM

Dass es auch anders geht, zeigt das zoom. Wenn man mit dessen Leiterin Elisabeth MenasseWiesbauer spricht, bekommt das oftmals teigig gebrauchte Schlagwort Kinderkultur scharfe Kontur. Wobei es in erster Linie gar nicht um Statistiken geht. Sondern um ästhetische und künstlerische Ansprüche, "die man sich Gott sei dank", so Wiesbauer, "auch immer wieder leisten kann". Seit 2001 im Wiener Museumsquartier untergebracht, präsentiert sich das zoom auch jenseits seiner gut besuchten Ausstellungen immer mehr zu einem wichtigen Kraftfeld in Sachen Kinderkultur. Speziell die gut angelaufene Miteinbindung junger Künstlerinnen und Künstler zu jeder Schau würde sehr gut von den Kindern angenommen werden, unterstreicht die Leiterin. Symposien zu aktuellen Jugend-Themen, eigene Kinder-Vorlesungen, kreative Kompetenz durch das Multimedialabor zoom Lab ergänzen das Programm.

Es ist wohl die Summe der Aktivitäten, die dem Museum im Fürstenhof im vergangenen Jahr allein beachtliche 110.000 Besucher bescherte. Andererseits: In der aktuellen Tourismus-Liste der 30 beliebtesten Wiener Sehenswürdigkeiten nimmt das zoom Platz 29 ein. Nur das Palmen- und Schmetterlingshaus bei der Hofburg hatten um 3.000 Besucher weniger.

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