"Kindertraum verfilmen"

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Animationsfilm, Trash und Qualitätskino: Was der Kinosommer bietet.

Hollywood hat den Sommer entdeckt für Kinder und Jugendliche." Wolfgang Steininger, Chef des Linzer Programmkinos Moviemento, bringt die sommerliche Kino-Situation auf den Punkt: Ferien-gelangweilte Kinder sind ein wunderbares Zielpublikum, um diverse Blockbuster unter die Leute zu bringen. Die großen Studios bringen daher seit einigen Jahren gerade im Sommer viele Kinder- und Familienfilme heraus.

Film ist wichtig für Kinder - denn das laufende Bild ist allgegenwärtig, und kaum einmal ist konzentriertes Filmschauen so intensiv möglich wie im Kino. Für Jugendliche hat sich das Wunschprogramm allerdings verschoben. Filme, die für ein junges Erwachsenenpublikum gedacht waren, locken immer mehr Kinder schon ab zwölf ins Kino. Was es für einen Zwölfjährigen bedeutet, wenn er einen Horrorfilm wie Hostel sieht, sei dahingestellt - denn Trashfilm ist für männliche Teenager immer besonders spannend, weil verboten.

Was ist Jugendkino?

Adäquates Kinder- und Jugendkino muss aber beileibe nicht langweilig sein. Diesen Sommer ist vor allem mit der sorgfältigen gleichnamigen Verfilmung des Cornelia-Funke-Romans Hände weg von Mississippi ein übermütiger, kluger und für Eltern wie für Kinder lustiger Film im Kino. Regisseur Detlev Buck, sonst als Schauspieler in "erwachsenen" Komödien bekannt, wollte schon lange einen Kinderfilm machen. "Einen Kindertraum verfilmen", nennt er selbst das, und da sind dann auch schon jede Menge selbst erlebte Albernheiten dabei wie "dass man irgendwo rumgestöbert hat, dass man irgendwo eingestiegen ist, dass man sich immer wieder ganz konspirativ getroffen hat, um irgendwas rauszufinden. Und dann auch Blödsinn wie auf Schweinen reiten und so."

Den Kindern gefällt das: Im Linzer Moviemento haben bei einer Schulvorstellung die Achtjährigen "gejohlt vor Freude", erzählt Wolfgang Steininger. Den begleitenden Lehrern war die wilde Dorfschlägerei am Ende zu überdreht - doch gerade hier macht Regisseur Buck ein Zugeständnis an die Lust an der Anarchie, die kleine Buben eben haben: "Die Jungen brauchen das, dass da was los ist!"

Mit Herr Bello ist noch eine weitere deutsche Produktion im Kinosommer, die auf verschmitzten Schmäh setzt: Der 12-jährige Max findet einen streunenden Mischlingshund und freundet sich mit ihm an. Per Zufall leckt der Hund eine geheimnisvolle Tinktur aus einem Apothekerlabor auf - und verwandelt sich tatsächlich in einen echten Menschen, der auch sprechen kann, sich allerdings dummerweise immer noch verhält wie ein Hund: Herr Bello hebt auch weiterhin das Bein, schlabbert seine Suppe ohne Löffel und schnuppert an Straßenecken herum. Was für Max lustig ist, wird chaotisch, als die Tinktur ins Tierfutter eines Bauernhofs gerät - und in der Stadt immer mehr Menschen herumlaufen, die allesamt deutliche Züge diverser Nutztiere aufweisen …

Während diese kleineren deutschen Filme eindeutig für Kinder gemacht sind und den Spaß für Erwachsene nur als Nebeneffekt mittransportieren, ist ein Animations-Blockbuster wie Shrek der Dritte eine ganz andere Liga. Wider Erwarten ist auch der dritte Teil der durchgeknallten Saga um den grünen Oger aus dem Sumpf eine sehr witzige Angelegenheit. Figuren aus den verschiedensten Märchen, Sagen und Fabeln pflegen hier ein etwas streitbares, aber recht sympathisches Miteinander. Unzählige Seitenhiebe auf Film- und Musikgeschichte machen den Animationsfilm zum Spaß für geübte Medienkonsumenten. Für kleinere Kinder ist der Film allerdings nur mäßig geeignet. Das amerikanische Erfolgsmodell des "Familienfilms", der alle Generationen gleichermaßen beglücken soll und mit dem Disney jahrzehntelang legendäre Erfolge feierte, ist hier zugunsten der großen Lust am Querverweis vernachlässigt.

Shrek und Harry Potter

Ganz anders funktioniert die neueste Harry-Potter-Verfilmung: Harry Potter und der Orden des Phönix ist der lang erwartete fünfte Teil der Potter-Saga. Die Besonderheit an den Büchern und Filmen rund um den Zauberlehrling ist, dass sie, gemeinsam mit ihrem Protagonisten, von Jahr zu Jahr erwachsener werden. Im Orden des Phönix ist Harry schon ein junger Mann, seine Gegner gefährlicher und seine Abenteuer tödlicher denn je - und die Liebe spielt eine noch größere Rolle als zuletzt. Auch das Publikum wird erwachsener, für die Jüngsten ist der Film definitiv nicht mehr geeignet.

Mit den Transformers kommt im August ein Film ins Kino, der von Budget und Aufwand an die ganz großen Science-Fiction-Abenteuer heranreicht. Eigentlich ist Transformers die Verfilmung eines Comics, der schon vor Jahrzehnten ein gigantisches Merchandising hervorgebracht hat. Mitte der Achtziger Jahre etwa waren die Kindergärten und Volksschulen überschwemmt von Actionfiguren, die den Filmhelden nachempfunden sind: Roboter, die sich mit einem Handgriff in Autos oder Hubschrauber verwandeln ließen. Genau diese Roboter sind nun im Kampf um die Weltherrschaft angetreten. Für junge Freunde von militärischem und technischem Spielzeug führt im Sommer an Transformers wohl kein Weg vorbei.

Eigene Kinderschiene

Neben den vielen regulären Kinostarts bemühen sich etliche Programmkinos um eine eigene Kinder-Schiene. Das Wiener Kinderkino Cinemagic am Karlsplatz etwa spielt den ganzen Sommer über ein spezielles Filmprogramm quer durch alle Altersstufen, von den Allerkleinsten bis zu Fünfzehnjährigen. Eine eigene "10+"-Reihe für die über Zehnjährigen füllt die Lücke, die im regulären Kino oft entsteht, mit spannenden Produktionen aus aller Welt. "Was immer gut läuft, ist Pippi Langstrumpf", erklärt Klaudia Kremser von WienXtra, die die Filmreihe mitgestaltet hat. Ihrer Erfahrung nach begleiten die Eltern ihre Kinder vor allem am Wochenende gern, um Filme aus der eigenen Kindheit wieder zu sehen, aber auch Neues zu entdecken.

Wie sehr die Filme angenommen werden, hängt gerade in den Sommerferien ganz stark vom Wetter ab: "So schön, wie der Sommer bisher war, war im Kino noch nicht viel los", erklärt Wolfgang Steininger vom Moviemento. Auch hier gibt es eine ständige Kinderfilmreihe, in der immer wieder Klassiker gezeigt werden wie diverse Lindgren- und Kästner-Verfilmungen. Nachwuchs-Kinogänger kommen also auch in den Sommerferien auf ihre Kosten.

www.wienxtra.at

www.moviemento.at

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