Kindsmörderin versucht Vergangenheitsbewältigung

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„So viele Jahre liebe ich dich“: Der französische Schriftsteller Philippe Claudel erweitert sein Metier aufs Filmemachen. Erfolgreich.

„Das schlimmste Gefängnis ist der Tod des eigenen Kindes“ – Juliette weiß wovon sie spricht, sie saß für den Mord an ihrem Sohn 15 Jahre lang hinter Gittern. Jetzt, nach ihrer Haftentlassung, versucht die „Kindsmörderin“ mit Hilfe ihrer Schwester, die Vergangenheit zu bewältigen und ihr spätes Glück zu finden.

Als Glücksfall erweist sich auch der Entschluss des französischen Schriftstellers Philippe Claudel, sein künstlerisches Potenzial auf das Medium Film auszuweiten. Mit „So viele Jahre liebe ich dich“ liefert er ein absolut gelungenes Regie-Debüt ab – gleich in mehrfacher Hinsicht: Mit Kristin Scott Thomas („Der englische Patient“) in der Hauptrolle dieses Familien-Dramas hat der renommierte Dramatiker, der bereits als Drehbuchautor erfolgreiche Ausflüge in die Welt der bewegten Bilder unternommen hat, voll ins Schwarze getroffen. Die Rolle der unnahbaren aber gleichzeitig sehnsuchtsvollen Frau, die zum Schutz ihrer verletzten Seele zwischen sich und der Welt eine kühle Distanz aufgebaut hat, ist der britischen Aktrice wie auf den Leib geschrieben. Ihr vor allem zu Beginn des Films reduziertes Spiel mit Mimik und Gestik und der ausdruckslose Blick in ihren Augen spricht mehr als tausend Worte – diese Frau ist durch die (innere) Hölle gegangen. „Es war ein unglaubliches Privileg, mit dieser überragenden Schauspielerin zu arbeiten“, streut Claudel seiner Protagonistin Rosen. „Als wunderschöne und elegante Frau, die sie ist, musste sie sich in eine Ex-Inhaftierte verwandeln, deren Gesicht und Kleider die Farben der Mauern angenommen haben, die sie so lange einsperrten.“

Aber auch die Art und Weise, wie Claudel Juliettes inneres und äußeres Gefängnis in Szene setzt, beeindruckt: Statt übertriebener Dramatik und plakativer Effekthascherei setzt er auf subtile Emotionen und intuitive Bildsprache. Nichtsdestotrotz gelingt es, die Zuseher in ein spannendes Gefühlslabyrinth zu entführen, das den Betrachter dazu zwingt, sein eigenes moralisches Wertesystem zu hinterfragen.

So viele Jahre liebe ich dich (Il y a longtemps que je t’aime)

F, 2008. Regie: Philippe Claudel. Mit Kristin Scott Thomas, Elsa Zylberstein, Serge Hazanavicius, Laurent Grévill.

Verleih: Polyfilm; 115 Min.

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