Kirchen als sozialpolitische Vordenker

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Meilensteine: Vor 5 Jahren wurde das Ökumenische Sozialwort veröffentlicht. Die Katholische Sozialakademie Österreichs feiert ihr 50-jähriges Bestehen.

Adventbeginn 2003. Nicht die Jahreszeit ist das Außergewöhnliche, sondern nach fünfjähriger Vorbereitung ist ein weltweit einzigartiges religiöses Projekt zum Abschluss gekommen: Die christlichen Kirchen Österreichs haben sich auf ein gemeinsames "Ökumenisches Sozialwort" verständigt. Einzigartig ist dieses Projekt deswegen, weil sich hier alle vier "Kirchenfamilien" - die Altorientalen (Armenier, Kopten …), die Orthodoxen, die Katholiken und die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen - an einer gemeinsamen Reflexion über soziale Fragen beteiligt haben.

Als "Kompass" hat die damalige Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, die katholische Ordensfrau Christine Gleixner, das Sozialwort bezeichnet. Und in den fünf Jahren seither haben eine wissenschaftliche Evaluation, aber auch verschiedenste Initiativen das Dokument aus 2003 weiter vergegenwärtigt.

Sozialwort TV, Christopolis

Eine Initiative der Katholischen Aktion Wien in Zusammenarbeit mit Evangelischer Diakonie und Katholischer Sozialakademie war das "Sozialwort TV", das im Wiener Bürgerfernsehkanal Okto gelaufen ist. Seit kurzem gibt es die Printausgabe Christopolis, das Sozialwort-Magazin der gleichen Träger, das der Wiener Straßenzeitung Augustin beiliegt. Die dazugehörige Internetplattform www.christopolis.net existiert schon länger.

Am 27. November begingen die Kirchen in Wien den 5. Jahrestag ihrer Initiative u. a. mit einer Begegnung mit sozialen Initiativen zu Anliegen des Sozialworts - Behinderung, ethische Geldanlage, freier Sonntag, Integration waren einige Themen dabei, und auch "Frauen" (vgl. dazu Kasten unten). Alles, was rund ums Sozialwort der Kirchen geschieht, ist auf der Internetplattform www.sozialwort.at gebündelt - dort gibt es auch den Text des Sozialworts auf Deutsch und auf Englisch zum Download.

Die Institution, welche die "Logistik und die Prozessbegleitung beim Sozialwort durchführte, ist die Katholische Sozialakademie Österreichs, KSÖ. Der sozialpolitische Thinktank der katholischen Kirche beging dieser Tage auch ein Jubiläum: Vor 50 Jahren wurde diese Institution gegründet.

Der Linzer Priester Markus Schlagnitweit leitet die KSÖ seit 2005. "Welche Gesellschaft wollen wir?" - Unter dieses Motto stellen er und die Mitarbeiter(innen) das Anliegen, das die KSÖ im Jubiläumsjahr besonders bedenkt. Schlagnitweit nennt einige Eckpunkte, auf denen die derzeitige Auseinandersetzung seiner Institution fußt: Die KSÖ mische sich in die Debatte um eine nachhaltige Reform des Sozialstaats ein. Er nennt dazu das Anliegen, die "traditionelle Koppelung von Existenzsicherheit und Erwerbsarbeit" aufzubrechen. Dazu gehört insbesondere die Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen, in der sich die KSÖ seit 25 Jahren engagiert (vgl. Seite 4/5 dieser FURCHE).

Grundeinkommen, freier Sonntag

Ein zweites Thema ist die Frage nach dem "Zweitwohlstand" in einer Gesellschaft voller Arbeits- und Zeitdruck, die KSÖ engagiert sich an vorderster Stelle für den freien Sonntag ( www.freiersonntag.at). Schlagnitweit selber ist ein Experte für ethische Formen von Geldanlage und will gerade angesichts der globalen Finanzmarktkrise dieses Thema gesellschaftlich bekannt machen ( www.geldundethik.org).

Neben den gesellschaftspolitischen Aktivitäten und zahlreichen Publikationen, zuletzt ein informatives Dossier über Fragen der Soziallehre, ist die KSÖ vor allem in der politischen Erwachsenenbildung tätig: Die KSÖ begann vor 50 Jahren mit einem "Internatskurs" über soziale Verantwortung, der dann später zum bekannten "Dreimonatskurs" der KSÖ umgestaltet wurde. Seit einiger Zeit läuft dieser Lehrgang in neuer Form. Schließlich bietet die KSÖ ihre Dienste auch als Organisationsentwicklerin an. Alles in allem: Eine Fülle sozialpolitischer Aktivitäten, die viele im Schoß der katholischen Kirche kaum vermutet hätten.

www.ksoe.at

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