Klassisches Plädoyer für die Demokratie

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November 2018: 100 Jahre Republik werden gefeiert und auch das Volkstheater widmet sich den Errungenschaften der Demokratie gleichermaßen wie den Ängsten vor deren Verfall. Nach der Uraufführung der Politshow "Verteidigung der Demokratie" sucht das Volkstheater nun in der Klassik sein Beispiel. Friedrich Schillers Freiheitsdrama "Don Karlos" - seit letztem Freitag am Spielplan -versteht sich hier als Warnung vor der Einschränkung der Bürgerrechte im heutigen Europa. Friedrich Schiller vollendete sein Manifest für Menschenrechte und Humanität zwei Jahre vor der Französischen Revolution. Nicht der Titelheld ist Schillers Alter Ego, sondern Marquis von Posa, der verwegene und kluge Revolutionär. Er ist es, der vom absolutistisch herrschenden König Philipp II. Gedankenfreiheit fordert. Doch noch scheint es zu früh zu sein. Als Schiller sein Drama 1783 begann, war er selbst auf der Flucht aus Stuttgart, die politischen Umstände machten seine Lage höchst prekär. Rasanz und Gehetztheit bestimmen auch den Rhythmus in der Inszenierung von Barbara Wysocka, die mit "Don Karlos" ein bemerkenswertes Debüt in Wien liefert.

In zeitlosem Grau ist die Bühne (Barbara Hanicka) gehalten. Die Fassade des Königshauses wirkt wie ein Amtshaus aus dem Ostblock. Dreht sich die Bühne, so wechselt man ins schmucklose Innere, quasi direkt an den Schreibtisch eines autoritär agierenden Bürokraten, der leichtfertig Todesurteile ausspricht.

Kontrolle und Überwachung

Günter Franzmeier als König Philipp zeigt einen verunsicherten Herrscher, der zu seinem eigenen Schutz Berge an Akten ansammelt, um seine willkürlichen Entscheidungen nach außen zu rechtfertigen. In seinem unmittelbaren Umfeld herrscht die totale Kontrolle, seine Frau, Königin Elisabeth (Evi Kehrstephan) sieht sich keine Minute aus den Augen gelassen und die kleine Tochter wird videoüberwacht. Die Beamten dieses Hofstaates sind mit Berechtigungskarten ausgestattet, in diesem System herrschen Zweifel und Misstrauen.

Doch die Revolution ist nicht aufzuhalten. In Wysockas Inszenierung ist Philipps Sohn, Don Karlos, als ungestümer, leidenschaftlicher Charakter, vollkommen konträr zum spießig wirkenden Vater dargestellt. Lukas Watzl überzeugt in seiner atemlosen Liebe zur Königin, die keinen Aufschub duldet. Der eigentliche Held ist sein listiger Freund Marquis von Posa, den Sebastian Klein kühn und geheimnisvoll gibt. Selten sah man Klein so geradlinig wie in dieser Rolle. Besonders die beiden Letztgenannten, wie auch Steffi Krautz als intriganter Herzog von Alba, transportieren Schillers Sprache und die Brisanz des Stoffes glaubwürdig in die Gegenwart. Barbara Wysockas konzise Arbeit fand viel Beifall und zählt zu den interessantesten Inszenierungen der Saison.

Don Karlos Volkstheater, 23., 28. Nov., 4. Dez.

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