Klaus will lieber Staus

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Alle politischen Lager Tschechiens sind für offene Grenzen, nur der Präsident fürchtet um die Heimat.

Ein aussagekräftiges Symbol für den bevorstehenden Beitritt zum Schengen-Raum wählte die tschechische Regierung: Eine Verkehrsampel mit drei grünen Lichtern - das Logo der Informationskampagne "Freier Weg durch Europa", die bereits seit dem Sommer in den tschechischen Medien läuft. 25 Millionen Kronen (mehr als 900.000 Euro) stellte das Kabinett von Premier Mirek Topolanek für die Schengen-Werbung zur Verfügung, um die Bürger rechtzeitig über die Abschaffung der Grenzkontrollen zu informieren. Es gebe noch viele Tschechen, die nicht wüssten, dass der Schengen-Raum überhaupt existiert, wurde betont.

Alle politischen Parteien sind sich im Prinzip einig, dass die Zugehörigkeit zum Schengen-Raum ein positiver Schritt ist. Nicht einmal seitens der Kommunisten (KSCM), die den EU-Beitritt Tschechiens vor dreieinhalb Jahren mit Bedenken beobachtet haben, sind grundsätzliche Einwände zu hören.

Grenzenlose Freizügigkeit

Dasselbe gilt für Topolaneks konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) - und das, obwohl der Partei seit Jahren EU-Skepsis nachgesagt wird. "Die Schengen-Länder werden endlich aufhören, die tschechischen Bürger an der Freizügigkeit zu hindern. Diese ist eine der vier grundlegenden Freiheiten der Europäischen Union", sagte Topolanek mit dem offensichtlichen Ziel, einige EU-Länder, vor allem Österreich und Deutschland, zu kritisieren, weil diese gegenüber den neuen EU-Mitgliedstaaten nach wie vor die Arbeitsmarkt-Beschränkungen geltend machen.

Auch die tschechische Öffentlichkeit reagiert auf die Abschaffung der Grenzkontrollen positiv. Laut einer Umfrage freuen sich 78 Prozent der Tschechen auf den Schengen-Beitritt - umso mehr, als die 2000 Kilometer lange Grenze des Landes dann nur mehr eine EU-Innengrenze sein wird, und damit die freie Fahrt in alle Himmelsrichtungen Richtung gewährleistet ist.

Angst vor noch mehr Verkehr

Bedenken zeigen nur die Bewohner einiger grenznaher Gemeinden: Dort fürchtet man sich, der Beitritt zum Schengen-Raum werde eine weitere Zunahme des Lkw-Verkehrs auslösen - wo das tschechische Straßennetz schon dem steigenden Verkehrsaufkommen seit dem EU-Beitritt nicht gewachsen ist.

Und den Schengen-Beitritt verfolgt in Tschechien auch noch ein sehr prominenter EU-Skeptiker. Dieser sitzt in der Prager Burg: Staatspräsident Vaclav Klaus, dem der politische Integrationsprozess der EU seit Jahren ein Dorn im Auge ist. Er stehe dem Schengen-Beitritt mit "Schulterzucken" gegenüber, ließ er verkünden: Ihn wundere, dass jemand den geringen Zeitgewinn an der Grenze so wichtig nehmen könne "und sich überhaupt nicht die Frage stellt, was er deswegen verliert". Für Klaus ist Schengen hingegen "ein weiterer Versuch, das abgesteckte Territorium, das ich für meine Heimat betrachte, zu entgrenzen".

Der Autor ist Prag-Korrespondent der Austria Presse Agentur.

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