Königin der Instrumente

Werbung
Werbung
Werbung

Am Marienfeiertag, dem 8. Dezember 1998, sind es genau 30 Jahre, daß die von der dänischen Firma Marcussen 1968 erbaute Orgel im Linzer Maria-Empfängnis-Dom (Neuen Dom) an der Herrenstraße geweiht wurde. Dieses kleine aber feine Jubiläum für eine "Königin der Instrumente", wie die Orgel oft tituliert wird, ist der Anlaß für ein gerade auslaufendes Internationales Orgeltriduum, unter anderem mit dem Titularorganisten der Pariser Notre Dame, Olivier Latry, als prominentestem Gast der Konzertreihe.

Das weltweite Interesse für die Linzer Domorgel, nicht zu verwechseln mit der Orgel im Alten Dom, an der einst Anton Bruckner spielte, ist nicht verwunderlich. Das Instrument gilt in der Fachwelt durch seine technisch wie klanglich dem barocken Orgelbau nachempfundene Konstruktion als ein Vorbild für viele große und kleine Orgeln im süddeutsch-österreichischen Raum. Etwa für die Flentrop-Orgel im Linzer Brucknerhaus oder für die neue Orgel des Wiener Stephansdomes ist das Marcussen-Werk Modell gestanden. Charakteristisch für die neobarocke Bauweise war die Wiederentdeckung der handwerklichen Fertigung nach alten Prinzipien, die Abkehr von der Konfektionsorgel zu der sich bis zum heutigen Tage behauptenden Stilorgel. Als solche ist also die jubilierende Orgel auch eine gültige Zeitzeugin und mit ihren 70 klingenden Registern und 5.890 Pfeifen zugleich die erste große mechanische Dom-Orgel des 20. Jahrhunderts. Rudigierorgel wird sie genannt nach Bischof Rudigier, der übrigens ein großer Verehrer von Bruckners Improvisationskunst gewesen sein soll und sich darin so vertiefen konnte, daß ihn, wie er gestand, die Musik das Beten habe vergessen lassen. Nun, auf Bruckner kann sich die jetzige Orgel natürlich nicht berufen. Der Meister spielte seinerzeit - der Überlieferung nach - auf der neugotischen Seitenorgel, aber der rührige seinerzeitige Domvikar Hermann Kronsteiner (1914-1994) ergriff für den Bau energisch die Initiative und leerte die Sparkassen der vielen Privatspender der Diözese, über die der Gesamtaufwand von damals umgerechnet 1,3 Millionen Schilling fast zur Gänze finanziert wurde. Und wiederum durch Hermann Kronsteiners Verbindungen zu Wien waren in Hans Haselböck und Anton Heiller (1923-1979) auch gleich zwei fachlich kompetente Konzeptväter für die Rudigierorgel gefunden. Viel zu selten, das meinen nicht nur Freunde der Orgelliteratur und -musik, kommen die Linzer in den Genuß der Qualität ihres Vollklanges. Denn über ihre musikalisch umrahmende Funktion in den Gottesdiensten hinaus ist die Orgel im Neuen Dom als Konzertinstrument wohl zu wenig genützt und hat vor allem keineswegs jenen wichtigen Stellenwert im Musikleben wie etwa in Frankreich. Im Brucknerland Oberösterreich und in der Brucknerstadt Linz sollte die Einbindung der Orgel in das Musikprogramm eine Selbstverständlichkeit, ja Verpflichtung für die Kulturverantwortlichen sein. In erster Linie wäre, so auch der Linzer Domorganist Wolfgang Kreuzhuber, ein regelmäßiges Integrieren in das jährliche Herbstfestival des größten Landessohnes der Musik, die letzten Brucknerfestkonzerte gab es vor zwei Jahren zum 100. Todestag von Anton Bruckner, mehr als wünschenswert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung