Komplexe Komik mit Stachel

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Das Bank Austria Kunstforum zeigt Arbeiten von Siegfried Anzinger aus den vergangenen beiden Jahren, welche Komik durch Eigenwilligkeiten brechen und voll von Unerwartetem sind.

Gekreuzigte Schweine, kopulierende Indianer - die Welt des Siegfried Anzinger, des ehemaligen Neuen Wilden, ist voll von Unerwartetem. "Anzinger will nicht, dass wir ein Bild umarmen und es zu 100 Prozent lieben, sondern dass da auch ein Stachel ist, der uns in seiner Eigenwilligkeit stört“. So umschreibt Kurator Florian Steininger im Gespräch mit der FURCHE, was den meisten Bildern, die im Bank Austria Kunstforum gezeigt werden, gemein ist.

Comichafte Bildwelten

Ob es die Arbeiten zu religiösen Themen sind, zu Cowboys und Indianern oder aber zur Loreley-Sage - die Motive werden durch Unerwartetes gebrochen. Ein Himmelfahrender hält sich an einem Vogel fest, um vom Kreuz befreit zu werden, das eben zerberstet. Indianer und Cowboys befriedigen einander in der Prärie. Auf Kreuzen werden vorne und hinten Menschen, aber auch Schweinchen aufgehängt. Eine Madonna bekommt einen Heiligenschein, der einem Kanaldeckel ähnelt, hat ein quengelndes Kind am Schoß und wirkt erschöpft, nicht strahlend wie jene von Alten Meistern. Dennoch sieht sich Anzinger klar in der Tradition derselben, er hat sie genau studiert, Bezüge sind in vielen Arbeiten erkennbar. Gleichzeitig haben Anzingers Bilder etwas Comichaftes oder Karikaturähnliches. "Mischungen, die wir so nicht erwarten, werden durch das Komische aufgebrochen. Anzinger malt Quatsch, aber der Quatsch ist ein Vehikel, um ein Bild zu malen und wird durch die Ernsthaftigkeit beim Arbeiten aufgelöst“, beschreibt Kurator Steininger. Anzinger sieht sich auch mit seinen comichaft-grotesken Werken als Teil der Kunstgeschichte seit Giotto, auf den er sich ebenso bezieht wie auf Raffael und Rembrandt. Ersterer ist mit seinen Mariendarstellungen ein Vorbild, auch wenn Anzingers Madonnen von Alltagssorgen geplagte Mütter anstatt Schönheiten sind. Rembrandts Löwe wird viel zitiert. "An der Umsetzung möchte ich gemessen werden und nicht an der Ausgräbertätigkeit, was Motive betrifft“, beschreibt Anzinger es selbst. Der in Weyer an der Enns geborene Künstler malt seit Jahren mit Leimfarbe, diese zwingt ihn zur raschen Fertigstellung der Arbeiten. "Zudem sind die Bilder komplex aufgebaut, auch wenn sie auf den ersten Blick banal wirken“, so Steininger.

Den Weg des Vertreters der Neuen Wilden Malerei in den 1980er-Jahren zu dem, wofür der Künstler heute steht, zeigt man exemplarisch anhand von Arbeiten, mit denen Anzinger 1988 an der Biennale in Venedig teilgenommen hat. Darunter ist das bekannte düstere Werk "Der Geschlitzte“, das Anzinger so oft umgearbeitet hat, dass die Leinwand Risse aufweist. Der Raum zu Beginn der Schau ist dunkler gehalten und wirkt wie von einem anderen Künstler. Man möchte durch den großen Kontrast die Entwicklung des Malers zeigen: "Von Schwerem, Pastosem geht es schon damals in Richtung moderaterer, sanfterer Malerei und zu komplexeren Raumlösungen und nuancierteren Figuren als zuvor“, beschreibt Steininger. An sich hatte man eine Retrospektive vorgesehen, jedoch merkte man bald, dass Anzinger dagegen war, da er "ein schwieriges Verhältnis zu seinen Arbeiten vor allem aus den 1980er-Jahren hat - eine Retrospektive wäre ihm zu sehr Trophäensammlung gewesen“, erklärt Steininger. Nun wolle Anzinger an dem, was er in den letzten Jahren geschaffen hat, gemessen werden.

Zwischen Parodie und Ernsthaftigkeit

Am Religiösen an sich sei Anzinger kaum interessiert, so Steininger. "Er interessiert sich weniger für den Inhalt des Religiösen und er würde sich nicht als religiös sehen, aber die künstlerische Umsetzung dieser Themen, die er in Kindheit und Jugend kennen lernte, und die Stoffe in ihrer Eigenschaft als kultureller Schatz reizen ihn. Er geht mit viel Respekt an sie heran“. Die gekreuzigten Schweine führten in Köln im Vorjahr zur Absage einer geplanten Ausstellung, in Wien habe man nicht darüber nachgedacht, sie nicht zu zeigen. "Sie sind Provokation, aber in einer verniedlichenden Form. Ebenso wenig sind die Cowboy- und Indianer-Bilder Pornografie. Der Grat zwischen provokanter Parodie und ernsthafter Malerei ist schmal“.

Siegfried Anzinger

Bank Austria Kunstforum Wien

bis 27. April 2014, täglich 10-19, Fr bis 21 Uhr www.bankaustria-kunstforum.at

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