Konsequent bis zum leuchtenden Spätwerk

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Alle Ismen des 20. Jahrhunderts reflektierte der steirische Maler Alfred Wickenburg und verleibte sich ein, was für ihn passte. Im Oberen Belvedere ist ihm nun eine Ausstellung gewidmet, die sich aus der wissenschaftlichen Arbeit des Hauses speist.

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Alle Ismen des 20. Jahrhunderts reflektierte der steirische Maler Alfred Wickenburg und verleibte sich ein, was für ihn passte. Im Oberen Belvedere ist ihm nun eine Ausstellung gewidmet, die sich aus der wissenschaftlichen Arbeit des Hauses speist.

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"Um eine Kunst ganz zu verstehen, müsste man jeweils den Boden kennen, auf dem sie gewachsen ist", wird der steirische Maler Alfred Wickenburg zitiert. Im Fall des 1978 verstorbenen Mitbegründers der Grazer Secession, mehrfachen Biennale-Venedig-Teilnehmers und Staatspreisträgers gab es viele Böden. Wie er nicht den gängigen Weg einschlug, sondern zahlreiche Einflüsse aufsog und verarbeitete, zeigt eine Ausstellung im Oberen Belvedere, die zu der Reihe "Meisterwerke im Fokus" gehört.

Ob an der als liberal geltenden Schule von Anton Az be in München, bei seinem Mentor Adolf Hölzl, an der Pariser Académie Julian, der Akademie Stuttgart und auf Reisen nach Italien: Wickenburg studierte zahlreiche Ismen des 20. Jahrhunderts, einige davon setzte er selbständig und kreativ in seinem Werk um. Die Prinzipien der Fauves, des Kubismus oder des Futurismus - Wickenburg reflektierte und verleibte ein, was für ihn passte. Und nur das. Er ging konsequent seinen Weg, obwohl er im Zweiten Weltkrieg als entartet galt, seine Fresken in der Grazer Arbeiterkammer übermalt wurden und Erfolg und Akzeptanz auf sich warten ließen. Bis ins hohe Alter von 93 Jahren war er tätig. In der von Kerstin Jesse kuratierten, chronologisch angelegten Schau kann man nachvollziehen, wie Wickenburg sich immer wieder mit Linien, Farben und Formen auseinander setzte und wie er seine Arbeit zunehmend auf das Wesentliche des Dargestellten reduzierte. "Alfred Wickenburgs Werk zeichnet sich schon früh durch den Mut zu großzügigen Formen und zur Ausdruckskraft über das Kolorit aus", sagt die Kuratorin. "Sein künstlerisches Credo war die innere Verarbeitung der äußeren Eindrücke".

Glasfensterarbeiten

Wickenburg bezeichnete gar die Entstehung eines Kunstwerks überhaupt als "Kampf des Künstlers mit der Natur". Seine Themen waren Stillleben, Landschaften, Literarisches, Theater und Masken. Und auch wenn sich diese und die Beschäftigung mit Farbe, Form und Linie durch das gesamte Œuvre ziehen, gibt es "einen klaren Bruch in seinem Schaffen, den ich auch in der Ausstellung zeigen wollte", erklärt Jesse: "Wickenburgs Arbeiten werden gegen Ende farblich fröhlicher und viel intensiver, er hat ein leuchtendes Spätwerk hinterlassen."

Auf dieses konzentriert sich der letzte Teil der Schau, der auch Entwürfe für zahlreiche Glasfensterarbeiten bringt, die Wickenburg beispielsweise für die St. Michaels-Kapelle im Schloss Seggau bei Leibnitz, oder die Kirche Maria Schutz in Kalkleiten schuf. Wickenburg setzte neun Glasfensterarbeiten um, im Belvedere zeigt man neben Entwürfen eine Werkstattkopie des Glasfensters der St. Michaelskapelle des Schlosses Seggau.

Man sieht, dass Wickenburg bei den Glasfenstern zwei Wege einschlug: "Der schlichten zeitgenössischen Architektur setzte er farbenprächtige Glasfenster entgegen, wohingegen er in stimmungsvollen Räumen wie etwa gotischen Kirchen die Komposition auf wenige bildprägende Linien reduzierte", beschreibt Lucia Beck in ihrem Katalogbeitrag. Sie ist es auch, die seit Jahren Wickenburgs Œuvre aufarbeitet.

Aus ebensolcher wissenschaftlicher Arbeit am Research Center des Belvedere lässt man Ausstellungen der Reihe "Meisterwerke im Fokus" erwachsen, im Fall von Wickenburg wird bereits einige Jahre an einem Werkverzeichnis gearbeitet, das nun für die Gemälde vollendet ist und zur Gänze bis 2018 fertig gestellt werden soll. Das Belvedere verfügt über zahlreiche Leihgaben der Familie Wickenburg, schon die ehemalige Direktorin Agnes Husslein stand mit den Nachkommen des Künstlers im besten Kontakt, die letzte Wickenburg-Schau in Österreich fand nicht von ungefähr 2004 im Museum der Moderne in Salzburg statt. Hussleins Nachfolgerin Stella Rollig, sagt: "Seit damals gab es keine Ausstellung zu dieser wichtigen Position der heimischen Kunstgeschichte, die kompakte Form der 'Meisterwerke im Fokus'-Schau gibt nun einen Überblick über sein Schaffen."

Alfred Wickenburg bis 16. Juli, Belvedere, täglich 10 bis 18 Uhr www.belvedere.at

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