Konzilsväter im offiziellen und im weiteren Sinn

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Die Entwicklung des II. Vatikanischen Konzils war wesentlich das Werk ausgeprägter Persönlichkeiten - unter den Bischöfen ebenso wie unter maßgeblichen Theologen.

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Die Entwicklung des II. Vatikanischen Konzils war wesentlich das Werk ausgeprägter Persönlichkeiten - unter den Bischöfen ebenso wie unter maßgeblichen Theologen.

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Konzilsväter: Unter diesem offiziellen Terminus sind alle am II. Vatikanum teilnehmende katholischen Bischöfe subsumiert. Fünfzig Jahre später mag von vielen dieser kirchlichen Mitentscheidenden nur mehr wenig bekannt sein. Doch die Entwicklung der epochalen Kirchenversammlung war wesentlich das Werk ausgeprägter Persönlichkeiten, nicht zuletzt unter den Bischöfen. Der Wiener Kardinal Franz König gilt als einflussreicher Konzilsvater des Reformflügels. Er nahm Karl Rahner als Berater nach Rom mit (vgl. Artikel links) und wirkte zumeist im Hintergrund, aber an entscheidenden Weichenstellungen mit.

Das dieser Tage präsentierte Buch "Kirche im Aufbruch“ des Neutestamentlers und ehemaligen König-Sekretärs Walter Kirchschläger zeichnet einige der Wege dieses Kardinals hin zum Konzil nach (vgl. dazu FURCHE 41, Seite 23 und Buchhinweis unten).

Reformer und Bremser

Unter den herausragenden Reformern ist der niederländische Kardinal Bernard Alfrink zu nennen (Bild rechts oben ) oder auch der brasilianische Erzbischof Hélder Câmara, der auf dem II. Vatikanum zu einem führenden Sprecher der Bischöfe des Südens und ein bischöflicher Vater der Befreiungstheologie wurde. Als Vertreter der Konservativen gilt der New Yorker Kardinal Francis Spellman (Bild rechts Mitte) oder der Genueser Erzbischof Kardinal Giuseppe Siri, der als Speerspitze der bremsenden Fraktion noch bei der Papstwahl 1978 als Kandidat der Erzkonservativen galt.

Auch in der Kurie selber, die ja das Konzil eher als Betriebsunfall wahrnahm, gab es Exponenten beider Flügel - als Proponent der Bewahrerer gilt hier Kardinal Alfredo Ottaviani, der Sekretär des Heiligen Offiziums, des Vorgänger-Dikasteriums der heutigen Glaubenskongregation; sein kurialer Gegenspieler ist der aus dem Jesuitenorden stammende Bibelwissenschafter Kardinal Augustin Bea, der von Johannes XXIII. mit der Leitung des Sekretariats für die Einheit der Christen betraut worden war und - unter anderem - für die ökumenischen Fortschritte sowie das Vorantreiben der so schwierigen Erklärung zum Judentum mitverantwortlich zeichnetet (vgl. FURCHE 45, Seite 18).

All diesen Persönlichkeiten versucht der Wiener Redemptoristenpater Martin Leitgöb in seinem Buch "Dem Konzil begegnen“ gerecht zu werden, wo er Kurzporträts von "prägenden Persönlichkeiten des II. Vatikanischen Konzils“ zusammenstellt. Der für den Zeitgenossen informative, prägnant und kurzweilig geschriebene Band stellt ein Kompendium an Positionen dar, ohne die das Werden und der Fortgang des II. Vatikanums kaum zu verstehen ist. Ausgehend von den beiden Konzilspäpsten Johannes XXIII. und Paul VI. porträtiert Leitgöb gut zwei Dutzend Konzilsväter.

Daneben würdigt das Buch auch Persönlichkeiten, die in einem weiteren Sinn als "Konzilsväter“ gelten können (Frauen an markanter Kirchen-Stelle gab es beim II. Vatikanum ja noch kaum …). Dazu gehören vor allem theologische Vordenker, Leitgöb beschreibt neben Karl Rahner und Joseph Ratzinger, den Franzosen Yves Congar als Vertreter der Nouvelle Théologie, den Niederländer Edward Schillebeeckx, sowie Leitgöbs Ordensbruder Bernhard Häring (Bild links unten), der als Vater einer zeitgemäßen Moraltheologie gilt, die auf dem Konzil einerseits schlagend wurde. Andererseits, wie spätere Aussagen des 1998 verstorbenen Theologen belegen, galt sein Vorwärtsdenken schon in der unmittelbaren Nachkonzilszeit der Kirchenspitze wieder als verdächtig.

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