Kraftwerk über den Wolken

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Österreichische Entwicklungshilfeprojekte bringen neben Bildungsangeboten auch Elektrizität in die entlegensten Himalayadörfer. Das spart den raren Rohstoff Holz und hilft mit, ökologisch vertretbaren Tourismus aufzubauen.

Ohne Elektrizität und Tourismus würden wir heute noch ausschließlich Kartoffel schälen!" Der 22-jährige Pemba aus dem Dorf Thame, drei Tagesmärsche vom Mount Everest entfernt, kann sich ein Leben ohne Touristen und ohne Strom nicht mehr vorstellen. Heute suchen jährlich rund 20.000 Touristen diesen Ort des Glücks und sie finden auch Telefone, Satellitenfernsehen und sogar drei Cyber Cafés. Ein mit österreichischer Hilfe erbautes Kleinkraftwerk in Thame - über den Wolken auf 4000 Meter gelegen - beliefert die Dörfer mit Strom. Elektrizität ist die Vorraussetzung für das Surfen im Cyberspace und für Warmwasser, mit dem sich die Touristen ohne schlechtes Gewissen duschen können. Noch vor fünf Jahren mussten dafür Bäume abgeholzt werden. Jetzt kochen die Sherpa-Frauen mit Strom.

Anschluss an moderne Welt

Die Dörfer des Sherpalandes haben sich mit dem Strom und mit den Touristen verändert und besonders die Kinder der Tourismuspioniere sind glücklich über den Anschluss an die moderne Welt.

Im Gefolge der Expeditionen zu den höchsten Bergen der Welt begann in Nepal der Trekkingtourismus. Am meisten profitierte davon das Volk der Sherpas. Der Tourismus kam gerade rechtzeitig, denn die Chinesen hatten Tibet annektiert und den Handel über die Himalaya-Pässe mit dem Süden, ein wichtiges Standbein der Sherpa-Wirtschaft, unterbunden. Neben der Yakzucht und dem Kartoffelanbau setzten die Sherpas von nun an auf die Touristen. Wie in den Alpen bringen diese Einkommen, aber je mehr kommen, umso größer wird der Druck auf die Natur. Die Gründung des Mount Everest Nationalparks und das Kraftwerk helfen, dieses Weltnaturerbe zu bewahren.

"Es ist schon eine sehr entlegene Gegend hier", sagt Thundu Sherpa, Dorflehrer und Besitzer der einzigen Lodge im kleinen Dorf Simigaon, am Fuße des heiligen Berges Gaurishankar. Er freut sich über jeden Touristen. An die 600 kommen im Jahr durch das Rolwaling Tal, weit abseits der bekannten Touristenpfade. Sie bringen nur wenige Rupien, denn fast alle haben in Kathmandu einen "full organized trek" gebucht und kaufen vor Ort fast nichts. Thundu vermietet auch einen der wenigen ebenen Plätze. Dort werden die Touristenzelte aufgeschlagen. Gleich daneben liegen die Hirsefelder seines Vaters Renorbu Sherpa, der einst Postläufer für Edmund Hillary war. Sechs Monate leben die Menschen hier von den Felderträgen - und dann?

Seit fünf Jahren läuft ein Entwicklungsprojekt im Rolwaling Tal und im südlich gelegenen Hügelland. Zusammen mit den Dorfgemeinschaften wird hier ökologisch und kulturell vertretbarer Tourismus aufgebaut. Projektträger ist wie beim Kraftwerk die Gesellschaft für ökologische Zusammenarbeit Alpen-Himalaya, Öko Himal (www.ecohimal.or.at). Seit zehn Jahren im Himalaya tätig, betreibt die Gesellschaft mit Sitz in Salzburg und Kathmandu noch zwei weitere Dorfentwicklungsprojekte im Solu Khumbu und im Makalu-Barun Nationalpark. Öko Himal bildet Bergführer und Bergführerinnen aus, führt Trainingskurse für Hotelpersonal durch, restauriert Kulturerbe-Anlagen, unterstützt lokale Kultureinrichtungen und fördert die erste unabhängige Radiostation des Landes, Radio Sagarmatha. Mit privater und staatlicher Hilfe finanziert Öko Himal eine Schule für traditionelle tibetische Medizin, betreibt eine Armenapotheke am Stadtrand von Kathmandu und einige kleine Gesundheitsstationen in den Bergen. Jenseits der hohen Berge, in ganz entlegenen Gebieten Tibets, werden mit lokalen Partnern Klöster renoviert, Schulen gebaut, eine Textilfabrik saniert, Spitäler errichtet.

"Jegliche Arbeit erfolgt mit und durch die Dorfgemeinschaften. Wir sitzen stundenlang unter den Bäumen und reden mit den Leuten. Kommunikation und gemeinsame Planung sind das Um und Auf!" Rolwaling-Projektleiter Max Petrik ist mit einem Team von zehn Einheimischen in rund 20 Dörfern präsent. Um die Bauern in einem Öko-Tourismusprojekt zusammenzubringen, muss zuerst durch Schulungen die Gemeinschaft gestärkt werden, der Wille zur Veränderung entstehen. Dann wird die grundlegende Infrastruktur errichtet, als erstes die Toiletten.

Wille zur Veränderung stärken

Alle Dörfer haben jetzt gutes Trinkwasser. Kinder und Erwachsene erhalten eine Ausbildung im Hygiene- und Gesundheitsbereich und da die Hälfte der Bevölkerung weder lesen noch schreiben kann, laufen ständig Alphabetisierungskurse. Einfache Unterkünfte werden verbessert, sechs Lodges sind in der Fertigungsstellung. Wären da nicht die maoistischen Rebellen gewesen und hätten die Arbeit erheblich behindert, Touristen würden heute schon darin wohnen und die nötigen Rupien bringen. Der Zusatzverdienst soll den Familien ermöglichen, ohne Hunger übers Jahr zu kommen.

"Zehn-Minuten-Konzept"

In der kleinen Siedlung Yarsha, vis-à-vis dem Gaurishankar, setzt man bei der Anlage eines Campingplatzes auf das "Zehn-Minuten-Konzept". Jeder Dorfbewohner muss sich zehn Minuten täglich oder einen Tag im Monat an der Gemeindearbeit beteiligen, seinen persönlichen Teil zur Entwicklung des Dorfes beitragen. Dieses Modell hat sich in allen Öko Himal-Projekten bewährt. "Den Bauern bleibt für ihre Arbeit in Haus und Hof genügend Zeit, zugleich schafft es ein Zusammengehörigkeitsgefühl und einen neuen Campingplatz." Der Projektleiter ist zufrieden. Nach anfänglichem Misstrauen haben die Bauern die Projektidee verstanden, sind überzeugt, ziehen mit.

Intensive Zusammenarbeit mit den Dorfgemeinschaften, die Bevorzugung von Frauen und Bildungsprogramme sollen die Einheimischen in die Lage versetzen, die Entwicklung ihres Dorfes, ihrer Region, ihres Landes in eigene Hände zu nehmen. Nur so können sie langfristig Armut besiegen, ihre Umwelt schützen und ihre Kultur eigenständig entwickeln.

Der Autor ist Professor für Interkulturelle Kommunikation und Tourismuswissenschaft an der Universität Salzburg sowie Vorsitzender von Öko Himal.

Öko Himal, Hofhaymer Allee 11/17, 5020 Salzburg; Tel. 0662-829492;

Spenden erbeten auf das Konto

1500153569 bei der Salzburger

Sparkasse BLZ 20404

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