Künstler mit großer Innovationskraft

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Die Rodin-Ausstellung im Unteren Belvedere zeigt den Einfluss des bedeutenden französischen Bildhauers auf die Secessionisten wie Gustav Klimt, Egon Schiele und Anton Hanak und bringt berühmte Werke wie "Der Denker", "Eva" und "Schreitender".

Sprechende Hände; Büsten, so naturalistisch wie nie zuvor; die Arbeit mit Bruchstellen, Licht und Schatten; die Anerkennung von Skulpturen als rein plastische Formen ohne narrativen Zusammenhang: Zahlreich waren die Einflüsse Auguste Rodins auf österreichische Künstler seiner Zeit und ihre Nachfolger. Eine Ausstellung im Unteren Belvedere stellt Arbeiten des französischen Bildhauers solchen von Secessionisten gegenüber.

Bereits 1873 hatte Rodin Werke zur Weltausstellung nach Wien geschickt, von der Gründung der Secession an war er deren korrespondierendes Mitglied, ab 1898 präsentierte er mehrfach wichtige seiner Arbeiten in von Secessionisten organisierten Ausstellungen. "Er war ein gerne gesehener, interessanter Gast, eine wichtige Künstlerpersönlichkeit, seine Innovationskraft war über ganz Europa verbreitet. Die Secessionisten wollten international vernetzt sein, vor allem die Franzosen hatten hier starken Einfluss, der Rodins war am stärksten", sagt Belvedere-Direktorin Agnes Husslein, deren Sammlung einige Rodin-Schätze birgt; bereits 1899 wurde die Gipsbüste "Henri Rochefort" von den Secessionisten für die neu zu gründende Moderne Galerie, das heutige Belvedere, gekauft. Nun zeigt Husslein mit einer teils der Secessionsausstellung von 1901 nachempfundenen Schau Parallelen auf, Originalwerke aus dem Besitz des Belvederes, Leihgaben, Reproduktionen und Fotos erlauben Vergleiche.

Wegweisende Inspiration

So lassen sich in Gustav Klimts Fakultätsbildern die Menschentürme aus Rodins "Höllentor" wieder erkennen. "Mutter mit Kindern" spiegelt Rodins Grabmalskulptur "Mère et sa fille mourante" wider. Für Egon Schiele wiederum war Rodins Überzeugung "Der Körper ist ein Modell, geformt von Leidenschaften" wegweisende Inspiration. Durch die Kenntnis Rodins malte Schiele seinen Figuren innere Befindlichkeiten ein, die Körper selbst erzählten von seelischen Vorgängen. "Das Körperhafte war von epochaler Bedeutung, auch für die Maler", so Husslein. Wer bei Besuch der Ausstellung Rodins Skulpturen gesehen hat, wird so die präsentierten Gemälde Schieles, "Die Umarmung" und "Familie", möglicherweise aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Rodins Skulpturen hatten als weitere wichtige Merkmale einerseits die bewegte Oberflächengestaltung, geformt aus zahlreichen Höhlungen und Wölbungen, mit Licht und Schatten spielend wie ein Maler, andererseits die Betonung des Fragmentarischen. Wenn Rodin einen weich geformten Torso abrupt in scharfkantigen Bruchstellen enden ließ, stand dies für die Überzeugung, auch im Teil das Ganze zu sehen, welche Hanak und auch Wotruba übernahmen. Der nie gekannte Naturalismus, den Rodin in die Skulpturen einbrachte, die stark gesteigerte Wahrhaftigkeit, die seinen "Henri Rochefort" mit wildem Haarschopf und hoher Stirn fast zur Karikatur machte, wurde zum Vorbild für Gustinus Ambrosi, der Rodins Ausstellungen zwar nicht gesehen hatte, seine Skulptur "Otto Wagner" dank dessen Vorarbeit aber ausgemergelt, mit faltigem Hals und gefurchter Stirn anfertigte.

Neue Spontaneität

Rodin studierte seine Vorbilder genau und fertigte oft mehrere Entwürfe an, in denen er unterschiedliche Charakterzüge und Stimmungen betonte - wie etwa bei der Gustav-Mahler-Büste, von der die Belvedere-Ausstellung gleich mehrere Entwürfe zeigt. Aus Rodins zeichnerischem Werk ist es andererseits vor allem die neue Spontaneität, die direkte, spontane, authentische Aussage, die österreichische Künstler inspirierte. Sogar das wohl bekannteste Kunstwerk aus der Sammlung des Belvedere, Klimts "Kuss", wird mit Rodin in Beziehung gesetzt, fertigte doch auch dieser eine Skulptur zu dem selben Thema an.

Während im zweiten Teil der Ausstellung auf all diese Parallelen eingegangen wird, zeigt der erste mehrere bedeutende Werke Rodins - und deren Bedeutung für die Kunstgeschichte. Der "Schreitende" steht auch dafür, dass die allegorische Bedeutung einer Skulptur für ihn nicht mehr relevant war.

Rodin und Wien

Unteres Belvedere/Orangerie

bis 6. 2. 2011, täglich 10-18 Uhr, Mi bis 21 Uhr

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