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Im medialen Prozess der fortwährenden Überbietung des Blöden mit dem Blöderen, des Grausamen mit dem Grausameren drohen wir zu ertauben. Das Ungeheuerliche noch als ungeheuerlich zu erkennen, ist eine Fähigkeit, die Not tut, aber keinem von uns mehr einfach gegeben ist. Im akustischen Dauerbeschuss zu hören, was eigentlich gesagt, zu erkennen, was gezeigt, nachzufühlen, was uns vom Leben anderer Menschen enthüllt wird, ist nicht leicht, zumal wir darin eingeübt wurden, zwar von der sensationellen Meldung fasziniert zu sein, uns aber zugleich dem zu verschließen, was sie bedeutet.

Da sagte kürzlich der Direktor eines weltberühmten Museums in einer honorigen Kultursendung des Fernsehens, er halte Andy Wahrhol deswegen für den größten Künstler des 20. Jahrhunderts, weil er als erster "Atombomben, Schauspieler und Coladosen künstlerisch gleich behandelt" habe; und nicht nur ihm fiel gar nicht auf, dass er in seinem Satz nichts anderes als den Untergang der Menschheit proklamierte, ja dass sich dieser in seinem Satz ereignete. Nein, auch den Redakteuren stockte nicht der Atem, sie entzogen dem Experten nicht das Wort, sondern sorgten dafür, dass Millionen es hörten; und von diesen sprangen vermutlich auch nur Gezählte aus dem bequemen Sofa auf, um den Museumsdirektor, der es für einen Fortschritt hält, wenn eine Waffe als Konsumartikel gedeutet und der Mensch beiden gleichgesetzt wird, per Knopfdruck immerhin im eigenen Wohnzimmer zum Schweigen zu bringen.

Die Kulturberichterstattung ist zur Berichterstattung aus einem Krieg geworden, der gar nicht erklärt wurde, während die Kriegsberichterstattung tut, als würde sie von Events berichten, deren größter Reiz es ist, dass sie immer dort stattfinden, wo zwar unsere Kamerateams, aber nie wir selber sind.

Der Autor ist Schriftsteller und Literaturkritiker in Salzburg.

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