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Zu lang I

odeon, wien

Gescheitert ist das ambitionierte Projekt der Musikwerkstatt Wien, die Oper "Tamerlan" von Georg Friedrich Händel und das Drama "Tamburlaine the Great" von Christopher Marlowe miteinander zu verknüpfen. Die Schauspieler stehen für den Verstand, die Sänger für das Gefühl der Figuren rund um den grausamen mongolischen Feldherren Tamerlan (auch: Timur), lautete das Konzept des Regisseurs Dominik Wilgenbus. Doch im Odeon wächst nicht zusammen, was nicht zusammengehört. Die Folge: Zerrissenheit, völlige Verwirrung, übermäßige Länge - selbst bei der dritten, schon stark gekürzten Aufführung.

Schade, denn musikalisch gibt es nichts auszusetzen: Entspannt und sinnlich spielt das Ensemble Musica Poetica Wien unter Huw Rhys James, schöne, kultivierte Stimmen ertönen dazu: Marius Vlad, Katerina Beranova, Adriane Querioz, Romeo Cornelius, Iulia Merca.

Michael Kraßnitzer

Zu lang II

elisabethbühne, salzburg

Goethe tat's ohne besonderes Selbst mitleid: Er strich auch seine eigenen Werke auf eine zumutbare Länge. Das ist Aufgabe der Dramaturgie. "Ihm ist nichts heilig, nur die Sprache ... Sein Werk verkündet die Botschaft Shakespeares und Strindbergs im Tarnkleid der Lokalposse", notierte Hans Weigel zu Nestroy. Damit kann jede Regie ihr Auslangen finden.

Ein Missverständnis wäre es, etwa den "Zerrissenen" des Tarnkleids zu berauben, wie auf der Elisabethbühne Salzburg geschehen. Regisseur Robert Pienz zog die Haltefäden aus dem Tarnkleid; die Sprache litt unter dem modernistischen Holterdipolter der Freunde des Herrn von Lips und unter zu wenig Sorgfalt für Gluthammer und Krautkopf, das Stück unter fehlenden Strichen. Christoph Kail erhielt für seinen Herrn von Lips den verdienten Applaus, den richtigen Ton traf Elke Hartmann (Madame Schleyer). Die interessante Bühnenschräge, einmal nach oben, einmal nach unten gekippt, stammt von Birgit Remus.

Franz Mayrhofer

Spaß an der Freud'

international theatre, wien

Hinter dem wenig aufschlussreichen Titel "Moon over Buffalo" verbirgt sich eine köstlich-rasante Farce des amerikanischen Erfolgsautors Ken Ludwig ("Othello darf nicht platzen!"), das derzeit in Originalfassung im Wiener International Theatre bis Ende Juni zu sehen ist. Das Stück war bereits als "Cyrano in Buffalo" in deutscher Sprache zu sehen, wer allerdings den subtilen Wortwitz in der Originalfassung genießen möchte muss sich nicht mehr nach London begeben, wo das Stück derzeit mit Joan Collins (!) ein Riesenerfolg ist.

Ein Trip in den 9. Bezirk genügt um eine höchst engagierte Truppe zu erleben, denen man anmerkt, dass sie "Spaß an der Freud' haben". Kein Wunder, spielt doch die Komödie im Bühnenmilieu: es geht um ein einstmals erfolgreiches Schauspielerpaar, das sich nunmehr in der Provinz mehr schlecht als recht über Wasser hält. Als dann Gerüchte über ein mögliches Hollywood-Engagement auftauchen und angeblich sogar Frank Capra persönlich auf der Suche nach der Idealbesetzung nach Buffalo kommen soll, ist das Chaos auf und hinter der Bühne nicht mehr aufzuhalten. Ken Ludwigs geistreiche Pointen und die flotte Inszenierung garantieren einen höchst vergnüglichen Abend.

Herbert Kaspar

Letzter Aufruf, den man getrost überhören kann

arsenal, wien

Das einzig Interessante ist der Theaterraum: Die Zuschauer sitzen auf Drehsesseln in der Mitte, rundherum wird an wechselnden Orten (Bühnenbild: Martin Zehetgruber) gespielt. Für die Uraufführung von Albert Ostermaiers Werk "Letzter Aufruf" im Wiener Arsenal, auf seiner Probebühne also, bietet das Burgtheater ein Aufgebot an Stars von Peter Simonischek, Johannes Krisch bis Andrea Clausen und eine sonst recht tüchtige Regisseurin (Andrea Breth) auf.

Aber auch wenn Berge kreißen, kommt mitunter nur ein Mäuslein heraus.

Ein Mann versäumt sein Flugzeug, und damit beginnt eine völlig verwirrende, das Publikum bewusst an der Nase herumführende Sequenz unzähliger, meist sehr kurzer Szenen, die ins Genre Film gehören. Es stehen weitgehend austauschbare Klischeefiguren auf der Bühne, deren Schicksal im Grunde jeden völlig kalt lässt. Die oft peinlich banalen Dialoge und mitunter schwülstigen Monologe liefern keinerlei neue Erkenntnisse, sondern allenfalls die auch schon abgedroschene und schon viel origineller präsentierte Aussage: Wie kalt und beziehungslos ist doch unsere Gesellschaft geworden.

Albert Ostermaier, der ein begabter Produzent zeitgeistiger Lyrik sein mag, hat eine Partitur aus Hieroglyphen verfasst, die auch ein Regiegenie mit viel Effekthascherei nur zu dissonanter Katzenmusik gestalten kann. Dass es dennoch gelang, beim Premierenpublikum damit einigen Eindruck zu schinden, lag sicher mehr am Raum und am hochkarätigen Ensemble als an diesem Pseudo-Theaterstück.

Das traurige Fazit: ein "Letzter Aufruf", den man getrost überhören kann. Man versäumt absolut nichts.

Heiner Boberski

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