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Ungewöhnliche Pfote Er trägt einen schlichten braunen Anzug. Dandyhaft und weltgewandt, mit Eleganz und Intelligenz umhievt er alle Schwierigkeiten und schubst den armen Müllersohn in sein Glück. Günther Wiederschwinger spielt in Markus Kupferblums Inszenierung von Philipp Engelmanns Version des Märchens "Der gestiefelte Kater" im Wiener Volkstheater eine wahrlich ungewöhnliche Samtpfote. Obwohl, oder gerade weil er nicht so offensichtlich eine Katze mimt, sondern einen zuweilen sogar undurchsichtigen Charakter auf die Bühne stellt, gefällt er dem jungen Publikum. Kupferblum hat in Hans Kudlichs schillernd bunten Bühnenraum ein wundersames, die Phantasie mit einer Fülle von witzigen Details speisendes Zaubermärchenland entworfen. Da werden Gegenstände lebendig, ein Busch marschiert schon einmal mit, wenn sich jemand verstecken will, und die Figuren vom naiven Müllersohn Hans (Georgi Nikoloff), der zunehmend Selbstvertrauen gewinnt, der Prinzessin (Sabine Hengst), dem König (Wolf Dähne) bis zur fast tragischen Gestalt des Zauberers (Ronald Seboth) sind alle anschauliche, sorgfältig erarbeitete Charaktere.

Annemarie Klinger Unterhaltung pur Vor der Pause: Ein junger verschuldeter Architekt und sein Diener bestellen sich, als Frauen verkleidet, eine Schar von jungen Weißnäherinnen in ihren Hausarrest, bis der Schwindel auffliegt. Nach der Pause: Die Turbulenzen an einer kuriosen Privatschule gehen trotz eines Desasters bei der Abschlußprüfung dank eines völlig tauben Gutsbesitzers gut aus. "Zeitvertreib" und "Die schlimmen Buben in der Schule" gehören nicht gerade zu den tiefsinnigsten Werken des großen Johann Nestroy, Elfriede Otts neue Inszenierung in den Wiener Kammerspielen unternimmt aber auch nicht den geringsten Versuch, etwas anderes als Unterhaltung pur zu bieten. Inmitten des mitunter an Simpl-Revuen von Karl Farkas gemahnenden Treibens nützt Erich Altenkopf die Gelegenheit, in zwei grundverschiedenen Rollen gute Figur zu machen. Daneben ist natürlich vor allem die Schüler-Riege mit den Josefstadt Haudegen Fritz Muliar, Ossy Kolmann, Thaddäus Podgorski, Gideon Singer, Kurt Sobotka, Alfred Reiterer und dem sich über die Bühne wuzelnden Gerald Pichowetz eine echte Attraktion.

Heiner Boberski Unerlöstes Leid Rundum zufrieden ist der Kritiker mit der neuen Produktion des Theaters für Vorarlberg: George Taboris jüdischer Western "Weisman und Rotgesicht" wird in der kompakten und überzeugenden Regieauffassung von Lothar Manninger durch das minimalistische und effektvolle Bühnenbild von Sabina Keller und nicht zuletzt durch die authentische schauspielerische Leistung der drei Akteure zu einem qualitätsvollen Theaterabend. Es brillieren Wolfgang Pevestorf als in der US-Wüste westlich von Santa Fe verirrter Jude, Kathrin Schwaderer als dessen zur beklemmenden Ikone menschlichen Leids avancierten,behinderten Tochter und Raoul Biltgen als Indianer, der in ähnlicher Weise wie die Juden aus Hitler-Deutschland aus der amerikanischen Gesellschaft ausgeschlossen ist.

Manninger macht im Sinne von George Tabori klar, daß nicht die menschenlose Wüste die größte Einsamkeit bedeutet, sondern, daß diese Einsamkeit noch steigerbar ist: Gemeint ist die Einsamkeit, die im Nicht-Zuhören-Können, im schrecklichen Untergang der Person in ungelöstem und unerlöstem Leid liegt.

Wolfgang Ölz

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