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Möchtegern-surreal Adaptieren, adaptieren. Romane, Filme, demnächst vielleicht ein Streichquartett. Alles, was anderswo ein Erfolg war, aber auf der Bühne nichts zu suchen hat und dort nur schiefgehen kann. Aber sie können es nicht lassen. Bunuels 100. Geburtstag läßt doch ein Burgtheater nicht ruhen. Offenbar sind ihm die Theaterstücke ausgegangen. "Viridiana", der Film von Luis Bunuel, wurde für das Akademietheater adaptiert von Dimiter Gotscheff, dem Regisseur. Man kann das Ergebnis für mißglückt halten, was noch freundlich ist, denn im Grunde handelt es sich um eine Sauerei. Es wird vorgeführt, wie sich eine Horde gnädig in einem verlotterten Schloß aufgenommener Armer wie eine Schweineherde aufführt, sobald die Herrschaft einmal in die Stadt fährt. Die Handlung deckt sich mit der des Films, doch Bunuel hielt alles in surrealer Schwebe, im Akademietheater wird von Stunde zu Stunde mehr outriert. Annette Paulmann in der Titelrolle sowie Martin Schwab, Andrea Clausen, Branko Samarovski, Hilke Ruthner und alle anderen stehen auf verlorenen Posten.

Hellmut Butterweck Surreal-vital Manfred Trojahns 1998 in München uraufgeführte Shakespeare-Oper "Was ihr wollt" offenbarte sich bei ihrer Innsbrucker Österreich-Premiere als eine ins Surreale driftende Komödie der Irrungen, ein Stück von vitaler Musikalität und subtilen Zwischentönen. Die komplexe Partitur bewegt sich im Bereich einer durchaus reibungsfreudigen Tonalität. Wieso sie manchem Landestheater-Besucher dennoch fremd blieb? Weil man vom deutschen Text (Libretto: Claus H. Henneberg) wegen der recht massiven Instrumentation, hohen und oft parallelen Stimmlagen kaum ein Wort versteht. Übertitel könnten da hilfreich sein. Arend Wehrkamp dirigierte mit Elan und Genauigkeit, zuweilen etwas laut. Wunderbare Sänger erhöhen das Hörvergnügen: die knabenhaft-anmutige Hege Gustava Tjonn als Viola/Cesario, Dan Chamandy als liebeskranker Orsino; Jan Zinkler, Robert Merwald, Frederic Grager als Beispiele für ein niveauvolles Ensemble. Ralph Bridle findet in der ästhetischen Ausstattung von Dietlind Konold den rechten Rahmen für seine zwischen Melancholie und absurdem Theater, Drastik und Eleganz ausbalancierten Inszenierung. Das hat viel rätselvollen Charme: "Nichts ist so, wie es ist..." Jutta Höpfel Manisch-depressiv Raimund versäumt den Termin mit dem Brünner Theaterdirektor (in die Szene fällt jedoch der verhängnisvolle Schuß); Raimund malträtiert seine untreue Freundin Therese; Raimund balanciert über Weinflaschen und beklagt seine Ehe mit Luise; Raimund gelobt seiner Toni vor der Mariensäule in Neustift ewige Treue; Raimund verfällt nach seinem letzten Bühnenauftritt in Depression; der tote Raimund bleibt seinen Freunden als Gutenstein besingender Dichter in einer Baumkrone in Erinnerung.

"Brüderlein halt!" heißt diese Szenenfolge von Alois Haider, die jüngst am Stadttheater St. Pölten Premiere hatte. Klaus Dieter Wilkes Inszenierung holt darin, trotz einiger Schulfunk-ähnlicher Passagen, recht dramatisch das cholerisch-melancholische, manisch-depressive Wesen Ferdinand Raimunds ans Licht. Reinhardt Winter in der Hauptrolle ragt aus einem unterschiedlich agierenden Ensemble hervor, er macht die Aufführung wirklich sehenswert. Heiner Boberski

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