Bezaubernd "Warum glauben Sie, trage ich dieses Kleid? Damit man meine Stimme vergißt!", sagte die legendäre Marlene Dietrich einmal. Judy Winter, die in der Kleinen Komödie in Wien die Legende wieder zum Leben erweckt, hätte diesen Satz nicht nötig. Als Marlene sagt sie ihn trotzdem, doch ihre Stimme ist wunderbar tief, rauchig, erotisch und voller Timbre. Das straßbesetzte Glamourkleid mit hautfarbenen Transparenteinsätzen an Armen und Dekollete läßt aber auch keine Wünsche offen.
Judy Winter schraubt sich glaubwürdig vom ersten Auftritt an mehr und mehr in die tiefen Seelengründe einer launischen, alternden Diva. Zwanghaft desinfiziert sie ihre von der tapfer assistierenden, devoten Vivian (Ulrike Jackwerth) gesäuberte Garderobe. Mit langen Fingernägeln repariert sie defekte Glühbirnen, und läßt bei jedem Temperamentsausbruch doch tiefe Verletztheit spüren. Zu wahrer Hochform entwickelt sie sich am Schluß, wenn sie besagte Stimme nicht mehr in Coupleteinlagen zügeln muß, sondern in vollster Stargarderobe loslegen darf. In pinkem Scheinwerferlicht, phrasiert sie auf der Gratwanderung zwischen verzweifelt übertriebender Lebhaftigkeit, Tränen bis hin zu überlangen Pausen unter anderem "Lili Marlen", "The Laziest Girl in Town" und zuletzt "Frag nicht, warum ich gehe." Das Publikum singt verhalten mit, für Standing ovations ist die "Kleine Komödie" nicht der richtige Ort. Verdient hätte sich's Judy Winter schon. Isabella Marboe Unverständlich Schade. Man kann sich selbst etwas kaputtmachen. Und dies ist Regisseur Michael Worsch mit Goethes "Egmont", der ersten Premiere dieser Spielzeit am Salzburger Landestheater, passiert. Abgesehen von der akustischen Unverständlichkeit - was überhaupt nichts mit den Erwartungen verachteter Bildungsbürger zu tun hat, sondern mit dem Recht aller Theaterbesucher auf Textverständlichkeit - bleibt die Frage, warum das erste Bild derart vergeben wird, daß die Grundlage der folgenden Ereignisse lange im Dunkeln bleibt. Weiters gleichen die Szenen mit den Bürgern auf der Straße einer Hühnerhof-Parodie, die den Ernst der Lage völlig überspielt.
Peter Scholz (Egmont) und Bernd Jeschek (Herzog von Alba) retten den Abend ins gerade noch Akzeptable. Das Klärchen von Julia Urban versteht man wohl nur auf der Bühne, der Spar-Version eines Säulengangs (Rudolf Rischer), in dem die Personen in Biedermeier-Kostümen agieren (Andrea Bernd). Der eher mitleidige Applaus entsprach der Leistung: "Egmont. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen." Franz Mayrhofer Vielseitig 4000 kamen zum VOESTival '99 in die Flammereihalle der Alpine Stahl in Linz, um "Ennio Morricone in Concert" zu erleben. Der vielseitige Komponist, der neben Kammer- und Chormusik über 300 Filmmusiken geschrieben hat, dirigierte mit sparsamer Zeichengebung eigene Werke. Natürlich dabei waren die Titelmelodien von "Es war einmal in Amerika" und "Spiel mir das Lied vom Tod". Spezielle Highlights boten als Originalinterpreten seiner Werke die Gesangssolisten Angelo Branduardi, Sonia Sigurta und Dulce Pontes, die auch extreme Höhenlagen sicher meisterten, sowie die virtuose Pianistin Gilda Butta. Das Brucknerorchester Linz sowie die beiden Chöre "Ad Libitum" und der "Voest Chor Linz" erwiesen sich bestens disponiert. Margret Czerni
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