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Opernkrimi "Eigentlich sollte die Oper ,Scarpia' heißen", ließen Regisseur Kurt Sternik und Dirigent Christoph Eberle unisono verlauten und meinten damit Puccinis "Tosca", die zur Zeit als Produktion des Theaters für Vorarlberg im Bregenzer Festspielhaus zu sehen ist. Die Figur des Scarpia also wirkt als intriganter Drahtzieher weit über seinen Tod hinaus - ein durchaus logischer Ansatz, der freilich in einer zeitlos konventionellen Inszenierung untergeht, die auf wenige ausgefallene Effekte setzt: Tosca ersticht Scarpia mit einem Kerzenleuchter (!) und entflieht am Schluß über ein häßliches Stahl-Baugerüst ins Nirwana.

Für solche Mißliebigkeiten entschädigt eine musikalische Umsetzung auf hohem Niveau. Christoph Eberle zelebriert mit seinem jungen, hochmotivierten Symphonieorchester Vorarlberg größtmögliche Intensität des musikalischen Ausdrucks und der Farben. Drei junge, intelligente Bühnenpersönlichkeiten in Rollendebüts machen diesen genau 100 Jahre alten Verismo-Schlager zum echten Opernkrimi: der Mazedonier Boris Trajanov als Glücksfall eines korrupten, stimmlich überragenden Scarpia, die Ungarin Eszter Sümegi als dramatisch auftrumpfende Tosca, der Australier Stuart L. Skelton (demnächst an der Wiener Staatsoper) als Cavaradossi mit Premierenfieber. Fritz Jurmann Gespenstersonate Als das Stadttheater Klagenfurt Strindbergs "Gespenstersonate" auf den Spielplan setzte, wußte man nicht, welch beklemmende Aktualität dieser Titel noch bekommen sollte. Nun ist die Tragödie vom Verlust der Menschlichkeit von Martin Kusej inszeniert worden. In einem ausgezeichneten Bühnenbild von Martin Zehetgruber bewegen sich menschliche Wracks teils in hektischer Betriebsamkeit, teils erstarren sie zu lebenden Bildern. Dann wird ein bisserl Blut verschüttet, etwas kopuliert, viel gehaßt, ein wenig getrauert, doch das Ganze läßt kalt, geht kaum unter die Haut. Das liegt auch an der Artifizialität des Textes, den Kusej zwar bearbeitet, dem er aber nur wenig Leben eingehaucht hat. Die Akteure leisten Bewundernswertes, herausragend durch Sprache und Präsenz ist Peter Roggisch als Der Alte. Christa Höller Alptraum In der Kammer im Wiener Volkstheater am Plafond, wo Robert Wolfs "Kopfäktschn" uraufgeführt wurde, begibt sich, zuweilen humorvoll aufbereitet, Grausliches. Sie ist der Schauplatz für eine wilde Mixtur aus Science fiction, Horror und grotesker Endzeitvision, die man am ehesten als Alptraum eines vom Weltekel ergriffenen Autors begreifen könnte. Samuel Gordon, so nennt er seine Figur, deren Kopf "in Äktschn" gehalten wird, wollte eigentlich die "Grenzen der Gewöhnlichkeit" überschreiten. Er unterzog sich einer Ganzkörperamputation. Nun vegetiert er, von einer Maschine am Leben erhalten, in einer Holzkiste, mächtig nur noch seiner Sprache, gequält von Phantomschmerzen und -sehnsüchten.

Von draußen tönt Hundegeheul, eine Art Massenpsychose bedroht die Menschen. Drinnen wird der Wahnwitz zum Alltag. Samuel (Günter Franzmeier), sein geisteskranker Arzt (Christoph Zadra), eine junge Frau (Eva Lössl) laborieren an ihrer Beziehung. Michael Schilhans Inszenierung gelingt es existentielle Fragen freizulegen. Unter der absurden Schale findet er Vertrautes. Es geht, worum es oft geht. Um Lebensangst, verletzende Machtspiele, Eifersucht und letztlich Liebe. Annemarie Klinger

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